bundeswehr in kundus
: Einsatz ohne Ausstiegsplanung

Wenn heute Schröder, Struck und Fischer über die Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr beraten, geht es auf den ersten Blick um eine kleine Korrektur. Nur etwas mehr als hundert zusätzliche Soldaten sollen in das Land geschickt werden. Gerade mal 200 Kilometer sollen sich die Einheiten von Kabul wegbewegen müssen. Kein Grund zur Aufregung also?

Kommentarvon ERIC CHAUVISTRÉ

Leider doch. Denn wieder einmal wird die Eigendynamik einer militärischen Intervention offenbar, in die sich die Bundesrepublik begeben hat. Jede Entscheidung für einen Militäreinsatz legt schon die Grundlage für die nächste. Und über den übernächsten Schritt wird lieber nicht nachgedacht – zumindest nicht öffentlich. Auch diesmal nicht: Denn wenn die Bundesregierung jetzt Truppen nach Kundus schickt, warum dann nicht eines Tages nach Herat oder Kandahar?

Die Debatte der letzten Wochen war ein glänzendes Beispiel für kurzsichtiges und verlogenes Handeln. So genannte Erkundungsteams wurden losgeschickt, ohne zuvor die Kriterien für die Erkundungen zu benennen. Sollte also ein Ort gefunden werden, wo der Einsatz aus Sicht der Bundesregierung dringend notwendig ist, weil dort Warlords die demokratische Entwicklung behindern? Oder war die Vorgabe, im Gegenteil, ein möglichst ungefährliches Terrain auszumachen? Dann aber wäre der Einsatz offenkundig unnötig, jedenfalls keineswegs dringend geboten.

Gefährlich ist das Vorgehen vor allem deshalb, weil die angelegten Maßstäbe jederzeit den politischen Vorgaben angepasst werden können. Ob die wahren Motive in der Verbesserung der transatlantischen Beziehungen liegen oder ganz woanders, ist dabei zweitrangig. Erschreckend ist das Fehlen jedweder Exit-Strategie.

Wie sehr die politischen Akteure in Berlin die Eigendynamik militärischer Interventionen schon verinnerlicht haben, demonstrierte vor einigen Tagen Peter Struck. Die Aufgabe in Afghanistan müsse fortgesetzt werden. Denn: Die Bundeswehr habe dort inzwischen zwölf Soldaten verloren. Er möchte nicht, so der Minister, „dass deren Tod vergeblich gewesen ist“. Das ist nicht nur geschmacklos. Es bedeutet im Klartext auch, dass jeder Rückschlag einer militärischen Intervention stets die Legitimation liefert, sie gegebenenfalls auszuweiten. Diese militärische Logik, die keinen Gedanken an ein Ausstiegsszenario zulässt, hat mehr als einmal ins Desaster geführt.