„Bis neun auch Blasmusik“

Kinder hören gern zu. Damit das so bleibt, startet am Montag das erste Kinderradio Deutschlands – zunächst aber nur digital und im Internet. Ein Gespräch mit RadiJoJo-Gründer Thomas Röhlinger, 33

Interview SILVIA HELBIG

taz: Herr Röhlinger, warum lieben Kinder Radio?

Thomas Röhlinger: Es ist einfach ein anderes Medium, eine andere Nutzungssituation. Man kann dabei spielen, kann Geschichten mitspielen und auch mitsingen. Man hat es im eigenen Zimmer, man kann es auch mit unter die Bettdecke nehmen. Das ist nett und ergänzt das Medienrepertoire, was die Kinder sonst haben. Das wäre Unsinn, wenn man das nicht nutzt. Andere Länder machen es vor. England, USA, jetzt auch Frankreich. Die meisten von ihnen jedoch kommerziell. Wir wollen einen gemeinnützigen, dem Kindeswohl verpflichteten Ansatz verfolgen.

Mit unter die Bettdecke nehmen geht nicht, weil RadiJoJo vorerst nur im Internet zu hören ist …

Das ist nur eine Zwischenlösung. Wir brauchen auf jeden Fall noch eine Frequenz. Das ist angeleiert, aber das ist sehr umständlich.

Wie ist die Idee Kinderradio entstanden?

Zum einen aus einer ganz unromantischen Marketinganalyse. Nachfrage und Angebot. Zum anderen aus der empirischen Erfahrung. Mein Kleiner hat im Radio keine Heimat. Es gibt so ein, zwei Sendungen, wo ich auch selber zu faul bin, die zu suchen, oder wir sind gerade nicht da, wenn die kommen. Das passt einfach nicht.

Wie wollen Sie das verwirklichen, was die öffentlich-rechtlichen Programme seit Jahren nicht geschafft haben?

Radio ist im Vergleich zum Fernsehen spottbillig und wir müssen das auch nicht neu erfinden. Wir machen viel über Austausch. Wir machen zum Beispiel mit dem Rowohlt-Verlag tolle Sachen, wir übernehmen Inhalte von Universal. Das ist für beide Seiten sehr interessant. Es rufen permanent Leute an, Kindermusiker, die sagen: Ich hab ’ne CD gemacht, wollt ihr die nicht mal spielen, ich hab Geschichten gemacht, und so weiter …

Wie ist das Programm von RadiJoJo aufgebaut?

Von 6 bis 21 Uhr ist es für die Kinder, vormittags für die Kleinen, nachmittags für die Großen. Von 21 bis 0 Uhr machen wir Elternprogramm. Es gibt 8,5 Millionen Kinder in unserer Zielgruppe und Millionen von Eltern mit Problemen, wo wir mit verdammt wenig Aufwand Rat geben können und Informationen austauschen können. Für die Kinder machen wir Hörspiele, Hörbücher, Magazinbeiträge. Über alles, was die wissen wollen, nach einem medienpädagogischen Ansatz. Und viel Musik natürlich.

Kinder stehen aber auf „Deutschland sucht den Superstar“, Britney Spears und BroSis. Rebelliert da nicht Ihr medienpädagogischer Ansatz?

Kinder bis neun Jahre sind offen für alles. Sogar Blasmusik. Ab neun geht es in Richtung Pop, da müssen wir einen Mittelweg finden. Zum einen Kinder über Pop an das Programm binden, zum anderen aber auch Klassik und Weltmusik anbieten.

Ursprünlich sollte das Ganze ja KiRa, also einfach Kinderradio, heißen. Wieso jetzt RadiJoJo?

KiRa hätte natürlich am besten gepasst. Aber da hatte sich der KiKa, also TV-Kinderkanal von ARD und ZDF, beschwert, dass das zu ähnlich sei. Da haben wir’s besser gelassen. Und Jojo ist ja auch ein klassisches Kinderspielzeug.

Wer gestaltet denn überhaupt das Programm?

An Erwachsenen sind wir ein harter Kern von zehn Leuten, die das jetzt intensiv ehrenamtlich betreiben. Dazu kommen insgesamt rund 70 Mitarbeiter, die helfen, wenn sie Zeit und Lust haben. Natürlich machen die Kinder ordentlich mit. So was ist schon aufwendig, deswegen werden wir viele zeitlose Sachen machen, die man über Jahre verwenden kann. Themen, wie das Wetter funktioniert oder die Uhr. Und: Alle, die mitmachen wollen, können das auch, zum Beispiel über Workshops in Schulen. Da kann man mit wenig Technik viel machen, und wir sind die Plattform dafür.

Und woher kommt das Geld für diese Plattform?

Das ist ein harter Kampf, den wir lange noch nicht gewonnen haben. Wir stehen kurz davor, als gemeinnützig anerkannt zu werden. Erst dann darf man offizielle Spendenaufrufe machen. Das werden wir tun. Dann gibt es noch Fördergelder, die zu unserem Projekt passen, auch Stiftungen sollen uns unterstützen. Es gibt genug Geld, aber es wird ein ziemlicher Aufwand, das einzusammeln. Wir wollen einen Förderkreis aufbauen, wie ihn z. B. der Leipziger Zoo hat, der von einem festen Stamm an Unterstützern lebt.