Kommentar Video-Überwachung: Forderung ohne Basis

Die Linkspartei wehrt sich erfolgreich gegen den SPD-Vorstoß, Videos aus den U-Bahnhöfen länger zu speichern. Leider ist zu befürchten, dass das Thema nach der Abgeordnetenhauswahl wieder auf die Tagesordnung kommen könnte.

Jetzt ist es offiziell: Die Aufnahmen von Überwachungskameras in U-Bahnhöfen werden nicht länger gespeichert als bisher. Die Linkspartei hat sich gegen die SPD durchgesetzt und sorgt damit kurz vor der parlamentarischen Sommerpause für eine gute Nachricht.

Eine längere Speicherung der Bilder wäre nämlich nichts als ein Placebo. Ein ,Schaut her, wir tun was', das nicht viel kostet, doch dessen Effekt im Dunkeln bleibt. Denn es ist unklar, ob die Überwachung und das Speichern der Bilder überhaupt einen Nutzen hat. 2.900-mal forderte die Polizei im vergangenen Jahr Videomaterial von der BVG an. Doch niemand wertet aus, wie häufig die Aufnahmen dazu beitragen, Täter zu finden oder Tathergänge aufzuklären. Wie also sollte man sicher sein, dass länger speichern mehr hilft? Oder zumindest so viel mehr, dass es den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wettmacht?

Menschen helfen mehr

Für die gefühlte Sicherheit von Fahrgästen sind Überwachungskameras sowieso nachrangig. In einer Studie bewerteten Passagiere anwesendes Personal und andere Fahrgäste weitaus nützlicher in kritischen Situationen. Warum, ist klar: Menschen können eingreifen, Situationen deeskalieren. Kameras filmen nur, und sie liefern nur dann etwas Verwertbares, wenn sich das Geschehen genau im überwachten Bereich abspielt.

Doch wie wir die Politiker kennen, werden die Forderungen nach mehr Überwachung und längerer Speicherung nicht dauerhaft vom Tisch sein. Und spätestens dann diskutiert werden, wenn nach einem Überfall wieder einmal schnelles Handeln demonstriert werden soll.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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