alles moppelkotze von DIETER GRÖNLING
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Zu den seltenen Highlights des deutschen Fernsehens zählt ohne Zweifel die „Sendung mit dem Klaus“ – die mehr oder weniger regelmäßige Zweiminutenparodie auf eine beliebte Kindersendung im „politischen Satiremagazin“ extra 3 des Norddeutschen Rundfunks mit dem fast schon legendären Satz: „Kennt ihr nicht? Macht nix, erklär ich euch …“

Was man beim Fischkoppsender NDR für Humor oder Satire hält, ist zwar nicht weiter beachtenswert – der Klaus jedoch ist unglaublich gut, und es ist schade, dass er nicht öfter vorkommt. Sein Autor, Oliver Durke, hat nach dem Bekunden auf der NDR-Website „überhaupt keine Ahnung von Politik, Wirtschaft, Sport und Boulevard“. Deshalb erklärt die Redaktion es ihm. Ganz langsam und Schritt für Schritt. Daraus macht er dann mit tatkräftiger Unterstützung der Kollegen die Sendung mit dem Klaus. Und wenn’s dem Klaus zu bunt wird, ruft er aufgeregt: „Alles Moppelkotze!“ Schnitt, nächstes Bild.

Moppelkotze? Was ist das? Die allererste Vermutung, Autor Durke sei Vater eines zu dick geratenen Kleinkinds, dessen Erbrochenes er liebevoll „Moppelkotze“ nennt, erwies sich sehr schnell als falsch.

Moppelkotze – so wie es aussieht, ist das im nördlichen Deutschland ein durchaus gängiger Begriff. So verzeichnet das Gourmet-Kochbuch „Was koche ich auf Fahrt und Lager?“ in der Rubrik „Eintöpfe, zum Teil mit Beilagen“ gleich als erstes Gericht „Moppelkotze“ als eine Art Spar-Labskaus, einen Brei aus Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Gewürzgurken und Dosenrindfleisch. („Man kann, um das Gericht aufzuwerten, auf jede Portion noch ein Spiegelei setzen.“) Zum echten Labskaus fehlen noch die rote Beete, Corned Beef und Matjes, dafür gehört unbedingt noch ein Schuss Gurkenwasser in den Brei. Das erst ergibt den feinen Geschmack.

Neben der hanseatischen Moppelkotze gibt es auch Gerichte gleichen Namens in anderen Landstrichen. Abgesehen vom Namen und der breiigen Konsistenz haben diese jedoch wenig gemeinsam. Westfälische Moppelkotze zum Beispiel besteht vorwiegend aus pürierter Fleischwurst – „Wurstebrei“, der anderswo auch „Stopsel“ genannt wird.

Im Internet berichtet „Cipi“ – ein offenbar jüngerer Mann, der sich selbst als Gourmet bezeichnet – über ein Gericht, das in seiner Familie Moppelkotze genannt wird: Schmorkohl: „Meine Oma hat es immer gekocht und sogar in der Schulspeisung hat’s geschmeckt: Moppelkotze! Cool! Den Namen hat’s wohl von der Optik, aber lecker isses allemale. Tipp: Küchentür zu, sonst riecht die ganze Bude nach Kohl.“ Beim Schmorkohl seiner Oma wird einfach Hackfleisch mit Weißkohl gegart und anschließend püriert. Ein Teelöffel Senf und ein paar Pfefferkörner sorgen für den würzigen Geschmack.

Wieder was gelernt: Man muss die Dinge nur fein zu Mus zerquetschen, kräftig würzen und dem Ganzen dann einen interessanten Namen geben. So wie der Klaus, der püriert Bush und Saddam, Bohlen und Copacabarnabas Schill. Und rührt daraus einen bekömmlichen Brei, der einen – mal abgesehen vom Fußball und „Six Feet Under“ – davon abhält, die Glotze jetzt und auf der Stelle abzuschaffen.