„Zigeuner“ ist ein beliebtes Schimpfwort

Auch Migrantengruppen diskriminieren sich gegenseitig, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Wie, erfuhr Goran Z.

Goran Z. (16) kommt aus Serbien. Seit vier Monaten wohnt er im Wedding. Nur einige Tage nachdem er in die Koloniestraße gezogen war, hatten ihn Jugendliche aus der Nachbarschaft in gebrochenem Deutsch gefragt, ob er „Zigeuner“ sei. Wenn ja, dann habe er im Kiez nichts zu suchen.

Egal ob Serbe, Sinti oder einfach die Mitschüler, die „irgendwie anders“ sind – der Begriff „Zigeuner“ ist gerade bei Schülern mit türkischem oder arabischem Hintergrund ein beliebtes Schimpfwort und ein Beispiel für die Diskriminierungspraxis unter Migrantengruppen. Bereits vor einem Jahr hatte das Zentrum Demokratische Kultur (ZDK) Ähnliches festgestellt (die taz berichtete). Damals untersuchten die Wissenschaftler Migrantengruppen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und fanden heraus, dass multikulturelle Bezirke keineswegs so offen und tolerant sind, wie immer vermutet wird. Dieses Mal nahmen sie den Bezirk Mitte ins Visier. Und wieder kommen sie zu dem Ergebnis, dass das „Erleben eigener Diskriminierung“ nicht davor schützt, „genau das gleiche noch mal zu tun“.

In verschiedenen migrationsgeprägten Gruppen werde ein Mangel an demokratischer Diskussion festgestellt, heißt es in der aktuellen Studie. Und Roma und Sinti stünden auf der Skala akzeptierter Minderheiten eben ganz unten.

Mit anderen Problemen als sein Amtskollege von Treptow-Köpenick, der im fehlenden Multikultiklima den Grund für die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in seinem Bezirk sieht, hat der Bezirksbürgermeister von Mitte, Joachim Zeller (CDU), zu kämpfen. Bei einem Migrantenanteil von 30 Prozent sei in Mitte eher die fehlende Integration der vorwiegend islamischen Bevölkerung ein Problem. Auf viele dieser Menschen habe die Politik oftmals keinen Einfluss. „Was in diesen Kreisen gedacht wird, entzieht sich unserer Kenntnis“, so Zeller. Vom Aufbau einer Parallelgesellschaft hatte auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vergangene Woche bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes gesprochen. Sowohl Körting als auch Zeller sprachen sich dafür aus, in Moscheen das Gespräch zu suchen. Grundsätzlich gebe er „keine Seele verloren“, hatte Körting gesagt.

Auch die Autoren der ZDK-Studie schreiben von mangelnder Kommunikation. Auf der einen Seite berichteten Befragte von der Propagierung der „Überlegenheit des Islam“ und von antisemitischen Sprüchen gerade bei Jugendlichen. Auf der anderen Seite herrsche oft große Unsicherheit, wenn es zwischen Muslimen und Islamisten zu differenzieren gelte, heißt es in der Studie. Man wisse einfach zu wenig. FELIX LEE