Gnadenlos gut

ECE will Poppenbüttler Alstertal-Einkaufszentrum um 25 Prozent erweitern. Einzelhandel fürchtet Verdrängung. Leerstand in den Harburg-Arcaden

Wenn das AEZ sich vergrößert, ist das auch Marktverdrängung

von GERNOT KNÖDLER

Die Otto-Tochter ECE weiß, wie man große Projekte verkauft. Mit der Erweiterung des Alstertal-Einkaufszentrums (AEZ) wolle man das Quartier am S-Bahnhof Poppenbüttel städtebaulich aufwerten, versichert ECE-Sprecher Robert Heinemann. Schließlich stamme das heutige Konzept aus den 60er Jahren und orientiere sich mit seinem Parkplatz vor der Tür an amerikanischen Vorbildern. Die mit der Modernisierung verbundene Erweiterung um 25 Prozent verstärkt jedoch den Druck auf die gewachsenen Bezirkszentren. Ein Gutachten, welches das Gegenteil behauptet, hält die GAL für unbrauchbar. Wie riskant das Geschäft mit den Einkaufszentren ist, zeigen die Probleme der im September eröffneten Harburg-Arcaden.

Die ECE, 1965 von Versandhauschef Werner Otto gegründet, managt nach eigenen Angaben 70 innerstädtische Shopping-Galerien in mehreren Ländern Europas. Das AEZ, 1970 als zweites Projekt der ECE eröffnet, ist 1990/1991 zuletzt erweitert und 2001 modernisiert worden.

Nach den jetzigen Plänen soll der Parkplatz zwischen dem AEZ und dem Heegbarg bebaut werden. Die Autos sollen hinter der neuen Fassade des AEZ verschwinden. Überdies plant die ECE einen Park & Ride-Platz über den Gleisen der S-Bahn. Vor der neuen Fassade will die ECE einen terrassierten Platz mit Wasserspielen, Cafés und Restaurants anlegen. Auf dem Heegbarg, so eine ECE-Broschüre, sollen Fußgänger „optisch eindeutig Vorrang haben“.

Als Gründe für die Erweiterung nennt Heinemann zum einen den Trend im Textil-Einzelhandel: Die Mode-Ketten tendierten dazu, ihre Ware auf immer mehr Fläche zu präsentieren. Zum anderen wolle die ECE mehr Raum für Cafés und Restaurants schaffen. Eine Erweiterung des AEZ stärke Hamburg als Einkaufsstandort gegenüber dem Umland. Überdies biete das AEZ eine ganz andere Art des Einkaufs an als der örtliche Handel. Heinemann: „Wir arbeiten nicht gegen Wellingsbüttel.“

Ulf Kalkmann, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelsverbandes, ist sich da nicht so sicher. Der Umsatz des Einzelhandels stagniere seit zehn Jahren, 15 Prozent des Personals seien abgebaut worden. Gleichzeitig sei die Verkaufsfläche um zehn Prozent gewachsen. Der ökonomische Druck steige. „Wenn das AEZ sich vergrößert, ist das auch Marktverdrängung“, schlussfolgert Kalkmann, um diese Aussage sofort zu relativieren: „Die ECE setzt auf inhabergeführte mittelständische Geschäfte“, sagt er. „Nur: Sie müssen eben gut sein.“

Ein Gutachten zur AEZ-Erweiterung, das von der Baubehörde in Auftrag gegeben wurde und eine Gefahr für den gewachsenen Handel verneint, geht nach Ansicht der GAL von falschen Flächenangaben und Umsatzzahlen aus. „Es ergibt keinen Sinn, wirtschaftlich gesunde Einkaufszentren auf Kosten der Stadtteilzentren weiter expandieren zu lassen“, sagt Stephan Heymann, Mitglied im Stadtplanungsausschuss. Im Wellingsbütteler Ortskern gebe es nicht einmal einen Lebensmittelladen.

Mit den neuen und geplanten Einkaufspassagen in Harburg, die vom Einzelhandelsverband begrüßt werden, lässt sich die Erweiterung des AEZ nach Ansicht Kalkmanns nicht vergleichen. Denn das geplante Phoenix-Center sei im Gegensatz zum AEZ in eine bestehende Einzelhandelsstruktur integriert.

Harburg soll durch die neuen Passagen erst wieder den Rang als Einkaufsstandort erhalten, den ihm das Umland abgelaufen hat. Dass es schwierig ist, eine negative Entwicklung umzukehren, zeigt die Lage der Harburg-Arcaden am Rathaus ein Dreivierteljahr nach ihrer Eröffnung. Die Ladenbesitzer dort klagen über schwache Umsätze. Die ersten sind bereits wieder ausgezogen.