Schneller radeln durch die Mitte

Umweltschützer fordern ein erweitertes Fahrradroutennetz in der Innenstadt. Zunächst sind zwei Fahrradstraßen in Mitte geplant: die Linien- und die Max-Beer-Straße. Sogar Autofans von der FDP machen sich für ein besseres Radwegeangebot stark

VON RICHARD ROTHER

Wer über ihren Asphalt radelt, muss aufpassen, nicht wegen eines Schlaglochs zu stürzen. Kreuzende Hauptstraßen sind nur umständlich zu überqueren. Und die Anfahrt über eine nahe Durchgangsstraße ist legal schlicht nicht möglich – kaum zu glauben, dass die Linienstraße in Mitte die erste Fahrradstraße des Bezirks werden soll. Schon im nächsten Jahr soll mit der Sanierung der Straße, die ohnehin nötig ist, begonnen werden, hieß es gestern aus dem Bezirk. In diesem Jahr soll mit der Max-Beer-Straße begonnen werden.

Dabei bedeutet Fahrradstraße zunächst nicht viel – nur dass die Fahrräder eben Vorrang haben. Anlieger dürfen aber weiter das Auto nutzen – und auch Parkplätze wird es weiter geben. Mit der Ausweisung als Fahrradstraße wollen der Bezirk und Umweltverbände den umweltfreundlichen Fahrradverkehr im Kiez stärken und das stadtweite Fahrradroutennetz um kiezbezogene Strecken erweitern. „Bei Fahrten unter fünf Kilometern ist das Fahrad das schnellste Verkehrsmittel“, sagt Merja Spott, die für den Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ein Routennetz für den Altbezirk Mitte erarbeitet hat.

Deshalb müssten die beiden künftigen Fahrradstraßen leichter für Radler erreichbar sein, fordert Spott. Wichtige Maßnahme: Die Kreuzungen am Rosenthaler Platz und am Schönhauser Tor müssten radfahrgerecht umgerüstet werden. Nur dann könnte die gesamte Linienstraße als Alternative zur parallelen Torstraße dienen, die vom Autoverkehr stark belastet ist. Heute nutzen etwa 1.000 Radfahrer täglich die Linienstraße, als Fahrradstraße könnte sich diese Zahl leicht verdreifachen.

Die großen Autostraßen sind für die Umweltschützer nicht vorrangiges Problem. Straßen wie die Friedrichstraße, die Torstraße, die Invalidenstraße oder die Leipziger Straße blieben „wegen des starken Autoverkehrs auch in Zukunft für Radfahrer unattraktiv“, heißt es im BUND-Konzept. Diese Bereiche könnten aber klein- oder großräumig umfahren werden.

Bezirksbaustadträtin Dorothee Dubrau unterstützt das Projekt der Fahrradstraßen. Es füge sich in das Konzept zur Verkehrsberuhigung in der Spandauer Vorstadt ein, Letzteres habe jedoch Vorrang. Dubrau: „Da ist noch viel zu tun.“

Politische Unterstützung erhielten die Radfans gestern von ungewohnter Seite. FDP-Verkehrsexperte Klaus Peter von Lüdecke, ein ausgewiesener Auto-Freund, forderte vom Senat eine umfangreiche Fahrradroutenkonzeption. Der Fahrradverkehr sei ein „unverzichtbarer und populärer Bestandteil des heutigen Mobilitätsangebotes“. Deshalb müssten die Hauptrouten durch Nebenrouten ergänzt werden. Zudem müsste es ausreichende und sichere Möglichkeiten geben, das Rad abzustellen: an Bahnhöfen, Unis, öffentlichen Gebäuden, Einkaufszentren.