mit mutti lau auf gartenschau von WIGLAF DROSTE
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Der Ölfilmjournalismus hat mehr Gesichter, als man sich merken könnte, aber eins seiner zuverlässigsten ist das von Mariam Lau. In Springers Pleiteblatt Die Welt kann man es bekucken und nebenbei lesen, wie großartig die Springer-Journalistin Lau die Springer-Presse findet, die sie, ganz im Springer-Stil, in Anführungszeichen „Springer-Presse“ nennt.

Am 1. Juli glitscht sie unter der Überschrift „Gegen den Strom“ breitbeinig auf ihren Arbeitgeber zu: „Die ‚Springer-Presse‘ ist es, die heute eine Art ‚Gegenöffentlichkeit‘ darstellt“, um anschließend zu klagen: „Der Mainstream denkt links.“

Dem bitteren Befund lässt sie reinhardmohrig eine Selbstbezichtigung folgen: „Was mich persönlich betrifft, ist die Entwicklung äußerst seltsam verlaufen. Als junger Mensch ist mir jeder nur erdenkliche Blödsinn im Kopf herumgerauscht, der damals im Angebot war: Panik vor der Pershing II, Atomangst, Angst vor Ronald Reagan, vor unmittelbar ins Haus stehendem Faschismus, Asbest-Wahn, Indianer-Weisheiten, Patschouli-Öl, Alice Miller, Klaus Theweleits ‚Männerfantasien‘, Rilke-Gedichte (nur die weinerlichsten) und natürlich der Film ‚Die Kinder des Olymp‘, bestimmt 15 Mal gesehen.“

Leute, die „ich persönlich“ sagen und „natürlich“ schreiben, wo sie „selbstverständlich“ meinen, sind weder angenehm noch klar im Kopf; wenn sich aber eine „bestimmt“ 15 Mal freiwillig das Poesiegetue „Die Kinder des Olymp“ angetan hat, sind Folgeschäden keine Überraschung. Da bleibt die Runkel dunkel.

Frau Lau hatte also mal schwer am Kitsch gebaut. Na und? Ist der links etikettierte Konformismus ihrer Jugend ein Beweis für ihre angebliche heutige Klugheit? Ein Konservativer, der auf sich hält, lässt solch anbiedernde Belästigungen an sich abtropfen. In der nicht konservativen, sondern bloß frechrechten Welt haben sie von Stil noch nie etwas gewusst. Weswegen Frau Lau dort ausplaudert, was in den Rang einer Nachricht auch mit größter Mühe nicht erhoben werden kann.

Die inzwischen „verheiratete“ Mutter von „drei Kindern“ und Besitzerin von „karierten Sitzkissen für Gartenstühle“, die ihr „als junger Frau die Tränen in die Augen getrieben hätten“, teilt ihren Lesern mit, dass der Kitsch des Alters den der Jugend ersetzt hat. Gibt es in der Welt keine Todesanzeigen mehr? Kolumnieren in tatsächlich jeder Zeitung heillose Spießer darüber, was sie so zusammengemuttert und -gevatert haben?

Ein wahres, ein nicht nur windig daherkolumniertes Anliegen indes hat Mutti Lau: Sie will ganz dringend sagen, wie sie alles so großartig und so richtig gemacht hat in ihrem Leben, das sie selbst als „denkbar bieder“ und „middle of the road“ beschreibt. „Meine Stimmung ist einfach Bombe“, applaudiert Frau Lau sich zu und jubelt weiter: „Aus dieser Tatsache ziehe ich Genugtuung.“ In ihrem Kopf ist eine kleine Bombe implodiert, und die Welt soll davon Notiz nehmen, jeden Dienstag, in der Welt. Scheu aber ziehen wir uns zurück, aus Respekt vor so viel dröhnend ausgestelltem Unglück.