Linke müssen Überstunden leisten

Pralles Wochenende: Antifas diskutieren über Gegenaktionen zum Nato-Jubiläum, junge Kommunisten beleben den Rosa-Luxemburg-Kongress, und auf einem Infoabend über eine „Volksfront“-Initiative werden Neonazis verprügelt

Der diesjährige Rosa-Luxemburg-Kongress wurde von jungen Genossen dominiert. Neben verschiedenen KP-Sprechern hatte der Organisator, die Zeitung Junge Welt, auch Vertreter von deren Jugendverbänden geladen. Sie stritten in der Urania über die Nato. Darüber diskutierten auch die Antifas im Statthaus Böcklerpark, während der Mitarbeiter von Neues Deutschland, Jürgen Elsässer, in der Kneipe Max & Moritz mit einer neuen Initiative die transatlantische Orientierung Deutschlands in eine eurasische wenden wollte.

Auf dem Rosa-Luxemburg-Kongress ging es um den „Internationalismus“ und die Weltwirtschaftskrise, die den Gazakrieg zu einem Weltkrieg ausweiten könnte. Eine Sprecherin der US-KP meinte: „Der Gazastreifen ist das Warschauer Getto von heute!“ Der senegalesische KP-Chef Ahmat Dansokho bezeichnete den Widerstand gegen den „US-Imperialismus“, etwa in Athen, als noch zu schwach: „Wir müssen uns stärker verbünden.“ Leider wäre das Antiimp-Netz zu heterogen; dazu kämen die (stalinistischen) Fehlentwicklungen im Ostblock, die den Antikommunismus stärkten. „Wir müssen die Welt mit neuen Augen sehen!“

Dies war wohl auch die Meinung des Gründers der „Antideutschen“, Jürgen Elsässer, der nun für eine nationalbolschewistische Politik wirbt – und zusammen mit einem Exbundeswehr- und einem Ex-NVA-Offizier eine „Volksfront“-Ini gründete. Sie will die Linke und Rechte mobilisieren, bis hin zu Teilen der bewaffneten Organe, des Verfassungsschutzes, des deutschen Unternehmertums und (antisemitischen) Verschwörungstheoretikern, um „die Nöte der normalen Leute aufzugreifen“. Zwar gehe es dabei letztlich um „Klasse gegen Klasse“, aber erst einmal müsse der „Nationalstaat“ gegen den „Yankee-Imperialismus“ und die EU verteidigt werden.

„Die moderne deutsche Autoindustrie etwa hat es nicht verdient, durch US-Heuschrecken ruiniert zu werden“, so Elsässer am Samstag. Er rät den deutschen Arbeitern zu Betriebsbesetzungen zusammen mit den ebenfalls gefährdeten Unternehmern. Als „antideutsch“ begreift er nun vor allem die Deutsche Bank. Seine „Volksfront-Ini“ will „raus dem linken Getto“, das „ökologisch völlig versaut“ und zudem in der Sprache der „Political Correctness“ („eine ‚Neusprech‘-Erfindung von US-‚Thinktanks‘ “) erstarrt sei.

Um zu einem „richtigen Wir“ zu werden, mündet seine Ini demnächst in einen „auf keinen Fall marxistischen Kongress“ – und dann in eine „Volksfrontbewegung“. Diese soll keine Konkurrenz zu den Parteien, schon gar nicht der Linkspartei sein, sondern ihr „Katalysator“. Man werde dazu auch Kontakte zu Agrargenossenschaften und Raiffeisenverbänden aufnehmen, die NPD solle jedoch draußen bleiben.

Die rechtsextreme Partei und die neurechte Postille Junge Freiheit hatten bereits unaufgefordert für Elsässers Veranstaltung geworben. Und so saß denn auch ein gutes Dutzend Rechte, teilweise mit Bodyguards, im Max & Moritz. Gegen Ende der Veranstaltung stürmte ein Gruppe Antifas in den Saal und haute dem justiziell geprüften Holocaustleugner Gerd Walther aus Zossen sowie einem Roadie der Duisburger Band „Diebandbreite“ Bierflaschen über den Kopf, sodass sie blutüberströmt zusammenbrachen. Von weiteren Attacken konnte sie der Moderator des Abends, der Taxifahrer Stephan, mit gezielten Stuhlwürfen abhalten. Der Staatsschutz ermittelt. HELMUT HÖGE