Blackberrys beim Aufruhr in Großbritannien: Die böse, böse Brombeere

Früher galt er als Pflicht für Manager, doch iPhone & Co. liefen ihm den Rang ab. Nun wird ausgerechnet der Blackberry zum Werkzeug der britischen Randalierer.

Gefährlicher als ein schwäbischer Pflasterstein: der Blackberry. Bild: reuters

Die Firma RIM kann einem leidtun. Der einst erfolgreiche Smartphone-Hersteller verliert seit Jahren Marktanteile an die Konkurrenz, die mit iPhones oder Android-basierten Handys immer mehr Kunden anzieht. Zuletzt kündigte das kanadische Unternehmen auch noch Massenentlassungen an, weil die Gewinne nachließen.

Und nun auch noch das: Waren Facebook und Twitter die Vernetzungsinstrumente in den vom Westen wohlwollend betrachteten demokratischen Volksaufständen in der arabischen Welt, dürfte nun ausgerechnet RIMs einst so seriöses Business-Werkzeug, der Blackberry, zum Gerät jener werden, die gerade in englischen Großstädten wüten.

Der Grund für diesen "Erfolg" ist schnell genannt. Die Blackberry-Mobiltelefone sind mittlerweile billiger als die Handys von Googles Partnern oder von Apple. Für 120 Pfund, Vertrag inklusive, werden sie in den Londoner Arbeiter- und Ausländerbezirken verramscht, besonders als Prepaid-Modell sind sie beliebt.

Und: Jedes der Geräte enthält adie eingebaute Software Blackberry Messenger, kurz BBM. Damit ist es möglich, mit allen anderen Besitzern eines Billig-Blackberrys kostenlos Nachrichten unbegrenzter Textlänge auszutauschen. Nur wenige Datengebühren fallen an, falls man keine Flatrate hat. Gruppen-Chats sind ebenso möglich wie der Versand von Bildern, kurzen Videos und Audioaufnahmen. Es handelt sich also um einen ernsthaften multimedialen Konkurrenten zur SMS, der einfach zu nutzen ist.

Verschlüsselte Botschaften

Wie es nun aus London heißt, diente BBM zur Koordinierung der Randalierer in Tottenham, wo am Wochenende alles begann. Für die Behörden besonders problematisch ist, dass es bei der Technik nicht um ein offenes Netz wie Facebook oder Twitter handelt. Stattdessen werden BBM-Nachrichten zwischen Geräten ausgetauscht und das auch noch verschlüsselt – zumindest zum Blackberry-Server, der den Nachrichtenversand koordiniert. In den Vereinigten Arabischen Emiraten führte das dazu, dass der Staat ein Verbot durchsetzen wollte.

Und so dauerte es nicht lange, bis Politiker und Polizisten in Großbritannien forderten, Zugang zum BBM-Nachrichtenverkehr zu erhalten. RIM, offenbar ganz auf sein Image bedacht, schrieb sogleich im offiziellen Twitter-Feed, man habe sich zum Dialog mit den Behörden entschlossen und werde diesen "auf jede erdenkliche Weise helfen". RIM will also den britischen Behörden Zugriff auf seine Server erteilen.

Eine gesetzliche Grundlage dafür existiert bereits in Form des Regulatory of Investigatory Powers Act (RIPA), jenem Anti-Terror-Gesetzespaket, das in Großbritannien Polizei, Geheimdiensten und sogar Gemeindevertretern erstaunliche breite Schnüffelbefugnisse einräumt. Denkbar ist, dass die Behörden bis ins Detail nachverfolgen können, wo sich Randalierer aufgehalten haben, während sie per BBM mit ihren Freunden kommunizierten.

Die Ankündigung von RIM, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, stößt im Netz auf Gegenwehr. Das offizielle Blackberry-Blog wurde kurz nach Bekanntwerden der Ankündigung gehackt. Die Crackergruppe "Team Poison" hinterließ eine Botschaft und forderte, dass RIM dies gefälligst unterlasse. "Ihr werdet damit nur unschuldige Bürger vor Gericht bringen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und einen Blackberry besaßen."

Die Polizei versuche derzeit, so viele Menschen wie möglich festzunehmen, um ihren Ruf zu wahren. "Wenn Ihr der Polizei Chat-Logdateien, GPS-Orte, Kundendaten und Zugriff auf den Blackberry Messenger gebt, werdet Ihr es bereuen." Team Poison gab an, über Mitarbeiterinformationen von RIM zu verfügen und drohte, diese Daten zu veröffentlichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.