Hamburgs SPD: Ruhe vor der Schlammschlacht

Vor zwei Jahren war er mitverantwortlich für das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten. Jetzt läuten in der Hamburger SPD die Alarmglocken: Danial Ilkhanipour will erneut für den Bundestag kandidieren.

"Nett, dass andere an mich denken": Danial Ilkhanipour, Examensstudent. Bild: Hendrik Doose

HAMBURG taz | Er ist wieder da. Zwei Jahre vor der Bundestagswahl bereitet der Hamburger Sozialdemokrat Danial Ilkhanipour seine erneute Kandidatur im Wahlkreis Hamburg-Eimsbüttel vor. Nach taz-Informationen aus drei Quellen hat der 29-Jährige hinter den Kulissen angedeutet, wieder antreten zu wollen. Seine Kandidatur würde die Hamburger SPD vor eine Zerreißprobe stellen. "Das will niemand nochmal erleben", sagt die örtliche Bürgerschaftsabgeordnete Monika Schaal: "Wir haben 2009 schon einen hohen Preis bezahlen müssen."

Damals hatte der Sohn iranischer Einwanderer bei der SPD-internen Nominierung den Bundestagsabgeordneten Niels Annen besiegt - mit einer Stimme Vorsprung und, laut innerparteilichen Gegnern, "unfeinen Methoden". Ilkhanipour war Frontmann einer Gruppe rechter Jusos, denen durchweg eine besondere Nähe zum SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs nachgesagt wird. Kahrs wird in der Hamburger SPD regelmäßig für alle möglichen Putsche und Intrigen verantwortlich gemacht, im Bundestag ist er Sprecher des rechten "Seeheimer Kreises".

Bei der Wahl selbst verlor Ilkhanipour dann das traditionelle Direktmandat im "roten Eimsbüttel" deutlich an den CDU-Kandidaten Rüdiger Kruse. Der Konflikt kostete den Kreisvorsitzenden Jan Pörksen sein Amt, die SPD fuhr in ganz Hamburg ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 ein. Als Konsequenz musste auch SPD-Landeschef Ingo Egloff abdanken, der dem Konflikt tatenlos zugesehen hatte. Ilkhanipour sei, ätzte seinerzeit ein prominenter Sozialdemokrat, "die Rache des Schah von Persien an Eimsbüttels Alt-68ern".

Bei der Bundestagswahl am 27. September 2009 büßte die SPD erstmals ihre Position als stärkste Partei in Hamburg ein.

Prozente: Die CDU lag mit 27,8 Prozent erstmals vor der SPD mit 27,4 Prozent.

Direktmandate: Von den sechs Bundestagswahlkreisen konnte die SPD lediglich drei verteidigen: Altona, Mitte und Harburg-Bergedorf.

Eimsbüttel: Im Wahlkreis Eimsbüttel erlitt Danial Ilkhanipour eine krachende Niederlage: Mit 23,8 Prozent der Erststimmen halbierte er nahezu das Wahlergebnis von Niels Annen von 45,1 Prozent bei der Wahl 2005. Bei den Zweitstimmen erreichte die SPD in Eimsbüttel 26,8 Prozent.

Noch am Wahlabend hatte Ilkhanipour damals verkündet, er werde "wieder für den Bundestag kandidieren". Viele Hamburger Sozialdemokraten verstanden das als Drohung: "Er hat die Partei zerrissen und das Wahlergebnis halbiert", sagte damals ein fassungsloser Genosse - "was muss eigentlich noch passieren?"

Nun scheint Ilkhanipour seine Ankündigung in die Tat umsetzen zu wollen. Offiziell will er darüber "mit niemandem gesprochen" und sich über ein Comeback "auch noch keine Gedanken gemacht" haben, versicherte er am Mittwoch auf taz-Anfrage: "Ich bin mitten im Examen", führte der Jura-Student aus: "Es ist aber nett, dass andere an mich denken." Aus seinem Umfeld hingegen verlautet, es gebe "zwar keine erhöhte Aktivität", jedoch sei "ein bisschen Schlammcatchen normal".

Im Kreisverband läuten bereits die Alarmglocken. "Es scheint festzustehen, dass Ilkhanipour seine erneute Kandidatur vorbereitet", warnt ein Mitglied des Vorstandes. "Nach dem ganzen Trubel von 2009 kann kein vernünftiger Mensch mehr auf die Idee kommen, Ilkhanipour für ein Amt aufzustellen", stellt der Eimsbütteler Bürgerschaftsabgeordnete Martin Schäfer klar. Andererseits soll auch Niels Annen wieder in den Startlöchern stehen, um seine verlorene Kandidatur zurück zu erobern. Auch der neue Kreisvorsitzende Milan Pein soll Interesse am Bundestag angedeutet haben.

Doch ehe Ilkhanipour seinen Hut offiziell in den Ring werfen kann, wird quasi als Testlauf ein Angriff bei den parteiinternen Organisationswahlen im kommenden Frühjahr erwartet. Mit seinen Unterstützern, die zumeist im "Kreis liberaler Sozialdemokraten" organisiert sind, könnte der 29-Jährige versuchen, den traditionell linken SPD-Kreis zu übernehmen. In vier der sieben Eimsbütteler Distrikte hat er in den Vorständen eigene Leute platziert, zwei werden gar von seinen Anhängern geleitet. Sollte es ihm gelingen, eine Mehrheit der Delegierten zu erringen, stiegen die Chancen auch bei der Kandidatenkür im Herbst 2012.

Während sich in der Eimsbütteler SPD beide Seiten auf die große Schlacht um die Macht im Bezirk vorbereiten, ist Ilkhanipours politisches Comeback in der Parteizentrale im Kurt-Schumacher-Haus noch kein Thema. Aus dem Umfeld des Landesvorsitzenden und Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz verlautet nur, wenn Probleme zu lösen seien, habe Scholz in seiner Amtszeit bewiesen, dass er sie zu gegebener Zeit zu lösen verstehe.

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