Autobrände in Hamburg: Polizei kritisiert Boulevard

Die Zahl der Auto-Brandstiftungen hat abgenommen. Die meisten Taten waren in Hamburg bislang nicht politisch motiviert, sondern reiner Vandalismus.

Da erwischte es mal die Oberklasse: Feuerwehrleute versuchen im Mai 2010 in Hamburg-Bramfeld brennende Autos zu löschen. Bild: dpa

In Berlin ist einen Monat vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus eine neue Serie von Auto-Brandstiftungen zu verzeichnen, die bundesweit für Aufsehen sorgt. Allein diese Woche sind 46 Autos angezündet worden, seit Jahresbeginn sind es rund 300 Pkw.

Ein ähnliches Phänomen hatte es auch im Frühjahr in Hamburg gegeben: Von Jahresbeginn an bis zum Mai sind mehr als 150 Autos abgefackelt worden, fast täglich brannten Pkws. Inzwischen ist es ruhiger geworden. "Die Zahl ist glücklicherweise erheblich rückläufig", so Polizeisprecher Mirko Streiber zur taz.

Worauf der Rückgang zurückzuführen ist, kann die Polizei nicht sagen: "Da tappen wir im Dunkeln", sagte Streiber. Innensenator Michael Neumann (SPD) vermutet, dass die veränderte Polizeistrategie, den Tätern nicht nur hinterher zu hecheln, sondern präventiv tätig zu werden, eine Rolle spielt.

"Insbesondere das Ansprechen potenzieller Täter oder derjenigen, denen wir solche Taten zutrauen, hat offensichtlich dazu geführt, dass sich das in der Szene rumspricht, dass die Polizei der Szene auf den Füßen steht", sagte Neumann jüngst dem Sender NDR 90,3.

Polizeisprecher Streiber glaubt aber auch, dass das veränderte Verhalten der Medien eine bedeutende Rolle spielt. Werde nicht mehr reißerisch und ausführlich berichtet, fehle vielen Zündlern "die Motivation" - Berichterstattung sei ein starker Motivationsschub und würde einen "Schneeballeffekt" auslösen.

Daher sei die Polizei dazu übergegangen, nicht mehr jedes abgebrannte Auto zu vermelden - schließlich habe es das früher auch schon gegeben. "Nur wenn mehrere Autos betroffen sind, wird eine Pressemeldung gemacht", sagte Streiber. Zudem werde irgendwann dieses "gesellschaftliche Phänomen" - wie früher das Graffitisprayen - uninteressant.

Streiber verweist darauf, dass im Gegensatz zu Berlin die Brandstiftungen in der Regel "nicht politisch motiviert" seien. Bekennerschreiben wie in Berlin gebe es in Hamburg nicht. "70 Prozent der Taten waren reiner Vandalismus", sagte Streiber.

Die Taten ziehen sich über das gesamte Stadtgebiet und betreffen sogar Brennpunktstadtteile, Fahrzeuge aller Klassen und Fabrikate sind betroffen. Hinzu kämen Fälle von Versicherungsbetrug, Rache, Beziehungstaten und das Vertuschen von Straftaten, die zuvor mit dem gestohlenen Wagen verübt worden seien.

Einzige Ausnahme in diesem Jahr: Rote Flora-Unterstützer, die sich "Wendy und ihre autonomen Pferdefreunde" nannten, hatten sich Ende April gegenüber der taz zur Brandstiftung auf die Transporter der Polizei-Pferdestaffel bekannt. Es sei ihnen um die "Vorbereitung der kommenden Kämpfe" gegangen.

Von den 16 gefassten Brandstiftern hätten alle keine politischen Motive gehabt, sagte Streiber. Allenfalls könnte man denjenigen, die voriges Jahr am Rande des Schanzenfestes am Schlump einen Audi in Brand gesteckt hatten, eine politische Motivation unterstellen.

Die Serie von Brandanschlägen hatte 2010 begonnen. Seitdem sind mehr als 300 Autos den Flammen zum Opfer gefallen.

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