Golf gibt jetzt Gas

Mit dem Kunstmagazin „Monopol“ sucht Florian Illies „Schnittstellen von Kunst und Leben“ – und sich selbst ein Logenplätzchen im Establishment

VON ARNO FRANK
UND MIA RABEN

Er ist ein kritischer Rebell. Ein sinnlicher, großer Meister. Ja, bei Gott, vielleicht ist er sogar der „ungewöhnlichste, umtriebigste, modernste Mann der Jahrhundertwende“. Nein, nicht von Florian Illies ist hier die Rede. Sondern von Harry Graf Kessler, dessen Tagebücher nun „endlich erschienen“ sind und von Illies in hymnischer Anverwandlung nacherzählt werden – in Monopol, der neuen Kunstzeitschrift des ehemaligen FAZ-Feuilletonisten und Chefingenieurs der „Generation Golf“.

Nun, da nun wirklich gar niemand mehr zur Generation Golf gehören will, ist es höchste Zeit, dass ihr Erfinder Florian Illies sich ein neues Publikum, eine neue Rolle in der Öffentlichkeit sucht. Mit ihrem heute erstmals erscheinenden Monopol richten sich die miteinander verheirateten FAZ-Königskinder Illies und Amélie von Heydebreck an ihre 30- bis 55-jährigen Altergenossen im Geiste.

Eigentlich logisch also, dass Illies sich dem Grafen Kessler verwandt fühlt. „Graf Cool“ (Illies über Kessler) feuilletonierte nämlich vor einem Jahrhundert in der Frankfurter Zeitung, einer Vorläuferin der – huch! – Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zumindest so lange, bis er die Gründung der – aha! – Kunstzeitschrift Pan im – na so was! – Hotel Monopol feierte.

Monopol gibt’s in 60.000 Exemplaren, wovon allein 10.000 bei Lufthansa in der Business Class, auf dem Kreuzfahrtdampfer MS Europa sowie in Hotels, Museen und Galerien ausliegen werden. Dort wollen Illies und Heydebreck ein „neues, jüngeres Bürgertum“ ansprechen, wie sie der Welt am Sonntag anvertrauten. Das Paar erklärte auch, dass es keineswegs die Diskurshoheit anstrebe, vielleicht aber doch ganz gerne eine „Leitbildfunktion“ einnehmen wolle. Für ein neues, junges, gut betuchtes Bürgertum eben. Was an reaktionärer Hybris in „Generation Golf“ keimte – hier entfaltet es sich zu voller Blüte und drängt vehement ans Licht des konservativen Establishments.

„Eigentlich sollten wir erwachsen werden“, lautet der sympathisch verschämte Claim von Neon, dem Magazin für die gehobene jetzt-Jugend. Monopol ruft dem gehobenen Bürgertum von morgen zu: „Eigentlich sollten wir langsam mal ans Ruder gelassen werden.“

Das Produkt Monopol indes ist so solide wie sein Preis von 7 Euro. Optisch wirkt der inflationäre Gebrauch der fraglos stilvollen Suhrkamp-Taschenbuch-Schrift leicht irritierend, da überall Buchtitel aus den Seiten zu fallen scheinen. Das Layout ist klassisch und unaufgeregt, die Themenpalette angenehm bunt und reicht vom Porträt eines jungen Warschauer Künstlers über einen Maler aus Nairobi, der unter mysteriösen Umständen erschossen wurde.

Prominente Autoren wie Christian „Faserland“ Kracht oder Nick „High Fidelity“ Hornby schreiben, wie sie halt schreiben. Im Interview erzählt Uschi Obermaier: „Mein höchstes Ziel war immer, die Männer zu haben, die ich wollte.“ Etwas zäh geriet der Text über den Berliner Museumschef Peter-Klaus Schuster, den „mächtigsten Mann der deutschen Kunstwelt“. Monopol hat’s irgendwie mit mächtigen Männern.

Dem Spiegel erklärte Illies im vergangenen Jahr, er würde lieber oberflächlich rüberkommen, als den Leuten seine Meinung aufzudrücken. Wohl wahr. Unterjubeln ist besser, und zwar nach der bewährten FAZ-Feuilleton-Methode: der Schmuggel konservativer Inhalte im vermeintlich unpolitischen Mantel des „Wahren, Schönen und Guten“.

Illies’ Exkollegen von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung übrigens engagierten für ihre durchaus perfide Kritik den Kunstsammler Heinz Berggruen. Der lobte Monopol gar väterlich, wünschte sich aber „mehr Bezug auf Aktuelles“. Heinz Berggruen ist 90 Jahre alt.