„Fehlender Sex verlängert das Studium“

Der Hamburger Sozio- und Sexologe Werner Habermehl hat den ultimativen Tipp für BummelstudentInnen entdeckt: Gut gevögelt ist halb studiert

taz: Sie werden in der aktuellen Ausgabe des Hochschulmagazins Unicum Campus mit der fröhlichen Nachricht zitiert, dass regelmäßiger Sex schlau mache. Wie kommt das?

Werner Habermehl: Beim Sex produziert der Körper vermehrt die Hormone Adrenalin und Cortisol. Das regt das Gehirn an. Aber das ist eher die medizinische Seite. Ich betrachte das Phänomen lieber aus sexualsoziologischer Sicht.

Ach ja?

Die Masse macht es nicht beim Sex. Wichtiger ist eine gewisse Regelmäßigkeit. Die erhöht die Aufnahmefähigkeit für Daten, verbessert die Umsichtigkeit und Konzentrationsfähigkeit. Sexuelle Erfüllung bedingt ein seelisches Gleichgewicht – das offensichtlich vorteilhaft ist, um auch geistige Aufgaben besser bewältigen zu können.

Gibt es hinsichtlich der Häufigkeit und Intensität beim Sex Unterschiede zwischen Studenten und Nichtstudenten?

Bei einer geschlossenen Altersgruppe von 18 bis 30 Jahren bestehen keine wesentlichen Unterschiede, die durch die Ausbildungssituation zu erklären sind. Aber es gibt an der Universität von Fach zu Fach auffällige Unterschiede, und es spricht einiges dafür, dass ein befriedigendes Sexualleben die Entfaltung geistiger Kräfte begünstigt.

Welche Unterschiede gibt es denn bei den Studienfächern?

Es gibt sehr lernintensive Fächer wie Medizin, Mathematik, Physik oder Naturwissenschaften, die hohe Anforderungen an die Kombinatorik stellen. Um die zu stabilisieren, ist ein geregeltes Sexualleben eine wunderbare Sache. Das stimmt mit Sicherheit: Studierende brauchen länger zum Studium, wenn sie kein erfülltes Sexualleben haben.

Langzeitstudenten sind also nicht faul, sondern haben lediglich ein trauriges Sexualleben?

Das ist sicher nicht der einzige Grund. Es gibt bei den Langzeitstudenten viele, die schon längst irgendwas machen, aber eingeschrieben bleiben, weil sie eine günstige Krankenversicherung haben. In der Soziologie muss man aber immer multifaktoriell denken. Fehlender Sex ist dabei ein Faktor, der das Studium verlängert. Solche Studenten haben den Rücken emotional nicht frei. Der entscheidende Punkt ist, am richtigen Ort einen Partner kennen zu lernen.

An der Uni zum Beispiel?

Auch an der Uni. Man lernt die Kommilitonen und Kommilitoninnen rasch kennen. Beim gleichen Studienfach gibt es ähnliche Interessen. Zu den schönen Dingen des Studentendaseins gehört es ja auch, abends zusammenzusitzen und Themen zu ventilieren, die einem am Studienfach Freude machen …

am Studienfach?

Na gut, ein Kneipengespräch über Logik, Mathematik oder Kernphysik ist normalerweise Unfug. Aber es gibt andere Bereiche, über die man sich locker unterhalten kann. Da merkt man ganz schnell, ob es eine gemeinsame intellektuelle Basis gibt. Und wenn man geistig harmoniert, klappt auch der Sex besser.

Mit Studentinnen in Spitzendessous reagiert der aktuelle Playboy auf die Forderung von Politikern nach Spitzenhochschulen. Was halten Sie von diesem Blick durchs akademische Schlüsselloch?

Die Hochschulen könnten schon sexier sein. Aber das ist schwierig. Wenn eine Studentin nicht rumlaufen will wie eine Amateurprostituierte, sondern bisschen schick und sexy, dann kostet das ein Schweinegeld.

Was würden Sie empfehlen?

Ich würde einer Studierenden von Nacktfotos abraten und ihr sagen, du kannst das machen, wenn du das toll findest, aber deiner Unikarriere ist das sicher nicht dienlich.

Wie kommen Sie darauf?

Ich kenne persönlich einen Fall, der schon etwas zurückliegt, wo die Studierende erhebliche Probleme mit ihren Kommilitonen hatte. Die fanden das doof. Und am meisten hatte sie unter dem Neidfaktor der Kommilitoninnen zu leiden. Aber erotisches Flair am Arbeitsplatz macht natürlich gute Laune. Das trägt sicher dazu bei, dass der Lernerfolg erhöht wird. INTERVIEW: BARBARA BOLLWAHN