Nach dem Krieg ist vor dem Krieg

Die Deutsche Bank rechnet damit, dass der nächste Konflikt schon in Vorbereitung ist. Die nächsten vier Monate sei allerdings Ruhe – erst muss wieder aufgerüstet werden. Von Deutschland und Frankreich erwarten die Banker Zurückhaltung

von HERMANNUS PFEIFFER

Der nächste große Krieg wartet schon. Mit dieser betrüblichen Erkenntnis kalkuliert die Deutsche Bank. Die Analysten der Großbank erwarten in vier Monaten den nächsten explosiven Konflikt, in den sich die USA stürzen werden.

Der Krieg im Irak begann später, als die Deutsche Bank und vielen Finanzexperten erwartet hatten. „Dies hat die Schwächephase der Weltkonjunktur verlängert“, schreibt die Deutsche Bank in ihrem jüngsten Researchbericht „Globale Trends“. Auch wenn der Krieg rasch beendet worden sei, belasteten geopolitische Unsicherheiten die internationalen Märkte weiterhin.

Kurzfristig gibt die Deutsche Bank dennoch Entwarnung, „innerhalb der nächsten vier Monate dürfte keine größere Konfrontation bevorstehen“. Für seinen zeitlich begrenzten Optimismus nennt der globale Geldgigant bemerkenswerterweise vor allem militärische Gründe. So seien die schweren amerikanischen Bomber und drei der sechs Flugzeugträger in die USA zurückgekehrt. Die Flugzeugträger waren lange stationiert und müssen drei bis vier Monate überholt werden. Auch die knappe Zahl der Präzisionswaffen ist ein „Friedens“-Faktor. Etwa 12.000 Stück der so genannten JDAM-Bomben wurden laut Deutscher Bank auf den Irak abgeschossen, nach Abzug der eisernen Reserven verblieben den US-Militärs nur etwa 9.000 Stück. Die fehlenden Sprengkörper für einen weiteren mittelgroßen Waffengang wie im Irak, etwa gegen das militärisch gleich schwache Syrien, werden in den kommenden Monaten von der Rüstungsindustrie nachgeliefert. Innerhalb der nächsten drei Monate soll die Produktion 2.800 JDAM-Bomben pro Monat betragen. „Dies hat zur Folge, dass die Verfügbarkeit der Waffen (dann) kein einschränkender Faktor sein wird“, erwartet der New Yorker „Global Strategist“ der Deutschen Bank, Peter Garber.

Im Spätsommer kann es dann wieder losgehen, „wenn Korea, Syrien oder der Iran den USA nicht bis September/Oktober Zugeständnisse machen, dürfte sich der Ton dann wieder verschärfen“, heißt es in dem Hintergrundbericht. Für besonders gefährdet hält die Deutsche Bank offensichtlich Syrien. Die US-Warnungen lassen Präsident Baschar al-Assad junior nur die Wahl zwischen einem radikalen Kurswechsel nach dem Willen Washingtons oder einem militärischen Einmarsch. „Nennenswerten Widerstand“ von Deutschland, Frankreich und Russland erwartet die Deutsche Bank nicht. Sie hätten aus den „Erfahrungen in der Auseinandersetzung um den Irak“ gelernt.

Für die Weltwirtschaft verheißt die bleibende Unsicherheit nichts Gutes. „Weiterhin überwiegen die Abwärtsrisiken“, meint die Großbank. Die Spannungen im Nahen Osten könnten sich wieder verstärken, andere Konflikte wie in Nordkorea könnten sich zuspitzen. Zudem werden die Anpassungsprozesse der privaten Haushalte und der US-Unternehmen an die Börsenverluste und die übermäßigen Investitionen der Neunzigerjahre noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Die Weltkonjunktur hängt jedoch weiterhin, wenn auch zeitverzögert, an der US-Entwicklung. Bleibt es bei den Risiken, „dann würde sich die weltweite Konjunkturerholung auf 2004 verschieben“.