C-A-F-F-E-E – mach nicht so viel Kaffee

Überproduktion und Billigkaffee aus Asien treiben Preise in den Keller. Kaffeebauern verlassen ihre Felder, ziehen in Slums oder bauen Drogen an. Jetzt wollen Produzenten, Händler, Röster und Entwicklungshelfer mit Verhaltenkodex Abhilfe schaffen

von HARTMUT STIENEN

Ein verbindlicher Verhaltenskodex soll Ruhe in den krisengeschüttelten Kaffeemarkt und damit auch bessere Qualität in deutsche Kaffeetassen bringen. Das sieht ein Konzept vor, das die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zurzeit vorantreibt. Die GTZ organisiert im Regierungsauftrag Entwicklungsprojekte in aller Welt. „Wir wollen Produzenten, Industrie und Gewerkschaften an einen Tisch bringen“, sagt Carsten Schmitz, Mitarbeiter der GTZ.

„Common Codes for the Coffee Community“ heißt das internationale Projekt, das der Kaffeeexperte mit auf die Beine gestellt hat. „Es geht darum, dass alle Beteiligten gemeinsam einen Verhaltenskatalog aufstellen, der ruinöse Praktiken ausschließt.“ Am 15. Mai soll das Projekt in London auf der Gründungssitzung vorgestellt werden. Vertreter der Internationalen Kaffee-Organisation (ICO), der GTZ und nichtstaatliche Organisationen wollen dann erste Schritte in Richtung auf ein verbindliches Marktverhalten unternehmen.

Ziel des Treffens ist es, gemeinsam soziale, ökologische und qualitative Standards für den Kaffeemarkt zu entwickeln. Um ein neues Label für Ökokaffee oder faire Preises geht es dabei aber nicht. Die Initiatoren haben vielmehr den „Mainstream-Kaffee“ im Blick, die Masse der Bohnen also, die in Supermärkten erhältlich sind. Die neuen Standards sollen den konventionellen Kaffeemarkt zu einem Mindestmaß an Qualität sowie zu sozialem und ökologischem Handeln verpflichten. Dadurch, so hoffen die Experten, könnte dem ruinösen Wettbewerb ein Ende bereitet werden.

Ein Blick auf den Markt zeigt, warum es höchste Zeit für solche Maßnahmen ist. Neue Konkurrenten aus Asien haben den Weltmarkt mit Billigkaffee geradezu überschwemmt. Mit Entwicklungshilfe aus dem Westen ist Vietnam innerhalb weniger Jahre zum zweitgrößten Kaffeeproduzenten der Welt aufgestiegen. Indonesien und Indien rangieren auf den Plätzen vier und sechs. Anstelle der Qualitätsbohne „Arabica“ wird dort überwiegend das Billiggewächs „Robusta“ angebaut. Auch Brasilien beteiligt sich an der hemmungslosen Kaffeeschwemme. Die Anbauflächen wurden um 25 Prozent erweitert, und die Industrialisierung wurde durch Pflückmaschinen vorangetrieben. Als Folge gabes einen drastischen Preisverfall auf dem Markt.

Schlimmer noch als die Händler hat es die Kaffeebauern in Lateinamerika getroffen. Zehntausende stehen vor dem Ruin oder haben bereits aufgegeben. Vor allem in Kolumbien lassen viele Bauern die Plantagen verfallen und ziehen in die Elendsviertel der Städte. Andere haben damit begonnen, Kokain und Mohn anzubauen. Das Drogengeschäft ist eben einträglicher.

Aber auch für deutsche Kaffeetrinker hat der unerbittliche Preiskampf Folgen. Immer öfters dampft Kaffee aus billigen Robusta-Bohnen in den Tassen. „Deutschlands Kaffeekultur ist perdu“, stellte jüngst ein Händler ernüchtert fest. Früher erfreuten sich die Kaufleute dagegen noch am hohen Qualitätsstandard der Deutschen in Sachen Kaffee.

Guter Kaffee hat eben seinen Preis. Das ist auch die Logik, mit der die Handelsgesellschaft „Transfair“ ihren Kaffee vermarktet. Deutschland-Geschäftsführer Dieter Overath beklagt, dass vielen nicht mehr bewusst sei, wie viel Arbeit im Kaffeeanbau stecke. Transfair sichert den Produzenten Mindestpreise zu, die beim Kaffee derzeit etwa das Doppelte des Weltmarktpreises betragen. Diesen Ansatz findet auch GTZ-Mitarbeiter Schmitz grundsätzlich in Ordnung. Ihm gehen allerdings die Eingriffe bei der Preisgestaltung zu weit. „Wir kooperieren mit Transfair, setzen aber mehr auf den Verhaltenskodex der Marktteilnehmer untereinander“, so der Kaffeeexperte. Wichtig sei vor allem, dass die Überproduktion abgebaut und Billigsorten reduziert würden.

Sowohl bei der ICO als auch bei der GTZ sieht man dem Treffen in London optimistisch entgegen. Denn anders als bei anderen Aktionen auf dem Kaffeemarkt werden dort erstmals alle Beteiligten paritätisch vertreten sein. Produzenten, Händler, Röster und nichtstaatliche Organisationen sollen zu gleichen Teilen über die Zukunft der Kaffeewirtschaft entscheiden.