Bayern filmt Autos ab

Als erstes Land startet der Freistaat die automatische Videoüberwachung von Autonummern. Manchem CSU-Politiker geht das nicht weit genug

AUS MÜNCHEN JÖRG SCHALLENBERG

Wer in Zukunft mit dem Auto in Bayern unterwegs ist, sollte vor allem an eines denken: Immer freundlich lächeln. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man gerade gefilmt wird. Das bayerische Innenministerium, selbst ernannter „Marktführer in Sachen innere Sicherheit“, will demnächst die automatische Videoüberwachung von Autokennzeichen auf den Straßen des Freistaats einführen. Innenstaatssekretär Georg Schmid (CSU) erklärte diese Woche im Landtag, dass „an strategisch wichtigen Punkten“, etwa Grenzübergängen nach Tschechien, Kameras installiert werden, die automatisch die Nummernschilder aller durchfahrenden Fahrzeuge erfassen. Die dabei gesammelten Daten werden dann digitalisiert und per Computer automatisch mit zur Fahndung ausgeschriebenen Kennzeichen abgeglichen.

Pilotversuche an der bayerisch-tschechischen Grenze und auf der Autobahn München–Salzburg hätten, erklärte Schmid, bewiesen, dass die Technik auch bei schlechtem Wetter und verdreckten Kennzeichen zuverlässige Ergebnisse liefert. Damit führt Bayern als erstes Bundesland diese neue Form der Verkehrsüberwachung ein, die fast überall in Deutschland erwogen oder – etwa in Thüringen oder Hessen – bereits erprobt wird. In Zürich, London und verschiedenen Regionen Italiens wird so bereits seit längerem Jagd auf gestohlene Autos oder flüchtige Straftäter gemacht.

Datenschützer haben die geplante Verbrecherjagd per Kamera allerdings immer wieder kritisiert. So befand der niedersächsische Datenschutzbeauftragte Burckhard Nedden, dass für es für ein „anlassfreies“ Abfilmen von Kennzeichen keine Rechtsgrundlage gibt. Tatsächlich muss auch in Bayern erst das Polizeigesetz geändert werden, bevor die Überwachung in Kraft treten kann. Dann bliebe aber immer noch strittig, inwieweit Behörden wie das Bundeskriminalamt oder der Bundesgrenzschutz auf die gesammelten Daten zugreifen dürfen. Trotzdem regte sich im bayerischen Landtag weder bei der SPD noch bei den Grünen Widerstand gegen die Pläne. Voraussetzung ist allerdings, dass wie geplant alle erfassten Daten, die keinen Alarm im Fahndungscomputer auslösen, sofort nach der Überprüfung wieder gelöscht werden.

Das bedauerte zumindest der CSU-Abgeordnete Rudolf Peterke, der es „allemal wünschenswert“ findet, wenn erst mal alle Nummernschilder gespeichert bleiben. Da widersprach allerdings selbst Innenstaatssekretär Schmid: „Wir wollen nicht unbescholtene Bürger überwachen, sondern international agierende Straftäter verfolgen.“ Es sei laut Schmid aber keinesfalls eine flächendeckende Überwachung von Autobahnen oder Landstraßen geplant.

Unklar ist noch, wann die Videoüberwachung beginnen soll. Im bayerischen Haushalt sind aber im laufenden Jahr bereits 500.000 Euro für die neue Technik eingeplant, die vielerorts mit der Geschwindigkeitskontrolle gekoppelt werden soll. Da bekommt der Begriff „Radarfalle“ eine ganz neue Bedeutung.

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