Steife Brise im Blätterwald

Springer beherrscht in Hamburg 85 Prozent des Zeitungsmarktes. Erklärter Liebling ist Ole von Beust

HAMBURG taz ■ Der Bewerber wusste, was ihm drohte: „Vom Verlagshaus Axel Springer können wir keine Unterstützung erwarten“, sagte SPD-Spitzenkandidat Thomas Mirow den Hamburger Genossen auf dem Landesparteitag im Januar. Zumindest bei diesem Thema liegt Mirow absolut richtig. Hamburger Abendblatt, Bild-Zeitung und Welt, die gut 85 Prozent des Tageszeitungsmarktes in der Stadt bestimmen, haben sich im Wahlkampf festgelegt. Amtsinhaber Ole von Beust wird in der Bild als „Ole Superstar“ gefeiert, jeder Angriff gegen ihn durch die SPD-Opposition wird in den Springer-Zeitungen gegeißelt.

Von Beust ist der erklärte Liebling des Verlages: Als Bild und Welt vor drei Wochen das erste Rededuell zwischen Bürgermeister und Herausforderer veranstalteten, wurde von Beust bei seiner Ankunft im Verlag von seinem Duzfreund, Bild-Chef Kai Diekmann, wärmstens begrüßt. Eine NDR-Kamera filmte das verbale Gekuschel und sendete es in seinem Medienmagazin „Zapp“ am vergangenen Sonntag. Man hört, der Bürgermeister sei darüber not amused gewesen, die Absage des für den Mittwoch im Norddeutschen Rundfunk geplanten TV-Duells sei ihm denn auch nicht schwer gefallen.

Springer-Journalisten beklagen sich unter der Hand, dass sie einzelne Artikel, die sie geschrieben haben, am nächsten Morgen in der Zeitung nicht wiedererkennen, weil ihnen noch ein paar SPD-kritische Spitzen hineinredigiert worden sind. Und der einstige Darling der Springer-Medien, Ex-Innensenator Schill, wird mittlerweile ohnehin zur Unperson erklärt – weil sein Wiedereinzug in die Bürgerschaft die absolute Mehrheit der CDU gefährden würde. „Wer Schill wählt, hilft Rot-Grün“ titelte die Bild zu Beginn dieser Woche – damit es auch jeder Leser versteht.

Mirow selbst sagt, die Springer-Zeitungen seien „nicht einmal das Hauptproblem“. So fühle er sich „von Bild und Abendblatt in einem gewissen Rahmen gut behandelt“, während die „Welt offen Kampflinie fährt“. Mehr ärgerten ihn jedoch „Veröffentlichungen anderer bedeutender Medien dieser Stadt“. Damit meint er vor allem den Spiegel, der den Spitzenkandidaten auf dem Kieker hat.

Der Name Mirow verknüpft sich in Hamburg mit der Erweiterung des Airbus-Werkes und dem Bau der Start-und-Lande-Bahn mitten hinein ins Alte Land, ein Projekt, das Mirow als Wirtschaftssenator vorangetrieben hatte und das vom Spiegel von Beginn an mit heftiger Kritik begleitet wurde. Immer wieder hört man aus der SPD die Klage, das Airbus-Thema sei ein Steckenpferd von Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust, der unweit des Alten Landes eine Pferdezucht besitzt. Zudem hatte sich der Spiegel-Verlag mal bei der Wirtschaftsbehörde über mangelnde Unterstützung durch die Stadt beklagt. „Das ist kompletter Unfug“, weist Spiegel-Sprecher Hans-Ulrich Stoldt zurück, die Berichterstattung über Mirow orientiere sich „selbstverständlich nur an journalistischen Kriterien“. PETER AHRENS