Bedrohte Erinnerung: Ein Anfang vor dem Ende

Der Rosenak-Verein eröffnet im Keller der zerstörten Synagoge seine sehr sehenswerte Dauerausstellung - die vielleicht schon bald wieder geschlossen wird.

Im Keller der zerstörten Synagoge. Bild: hb

Zum 1. Oktober droht bereits das Aus: Der Rosenak-Verein, der am Donnerstag seine Dauerausstellung im Synagogenkeller eröffnete, hat zum Quartalsende den Mietvertrag in der Kolpingstraße 7 gekündigt. Zu prekär seien die Finanzen des Vereins, heißt es. Vor wenigen Wochen verfasste dessen Vorstand einen weitgehend resonanzlosen Unterstützungs-Appell an die Fraktionen der Bürgerschaft. Lediglich die CDU reagierte mit eine spontanen Spende: Deren Abgeordnete brachten privat 1.500 Euro zusammen.

"Der Blick in die Zukunft macht uns ziemlich ratlos", sagt Vereinsvorstand Dieter Fricke bei der Eröffnung. Bei der sind, aus dem Parteienspektrum, lediglich die CDU und der grüne Beirat-Mitte-Sprecher Michael Rüppel vertreten. Trotzdem sei man auch "ein wenig stolz auf das Erreichte", fügt der Historiker Fricke hinzu. Mit Recht: Mit Mitteln der Stiftung Wohnliche Stadt wurden die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gewölbekeller saniert und mit Leben gefüllt. Die 40 Vereinsmitglieder haben mit Arbeiten über Antisemitismus in der DDR oder Feldrabbiner nicht nur spannende Wechselausstellungen zustande gebracht, sondern nun auch, auf weitgehend ehrenamtlicher Basis, gut konzipierte Elemente einer Dauerausstellung geschaffen - die zugleich von ambitionierten Schulaktivitäten zeugen.

In einem halbjährigen Projekt an einer Waller Schule hat Carola Krüger beispielsweise Zeitzeugen-Interviews zur Reichspogromnacht und jüdischen Kindertransporten erarbeiten lassen, die jetzt in Hörstationen abrufbar sind. Auf einem Lesetisch liegen die gebundenen Jahrgänge 1929 bis 1936 des Bremischen "Israelitischen Gemeindeblatts", die Krüger aus der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig besorgt hat. Deren stetig abnehmender Umfang legt ein beredtes Zeugnis von der fortschreitenden Eliminierung des Gemeindelebens ab.

Auch die vielen Toten haben im Untergeschoss des früheren Gemeindehauses mit Namen und Fotografien einen würdevollen Platz gefunden. Eine geplante interaktive Karte der in Bremen verlegten Stolpersteine konnte noch nicht realisiert werden, doch immerhin steht ein elektronisches Archiv zur Verfügung. Wer in den leeren Gewölbekeller der 1938 zerstörten Synagoge hinüberwechselt, taucht ein in eine eindrucksvolle Ton- und Videoinstallation der jüdischstämmigen Künstlerin Elianna Renner, Meisterschülerin der Bremer Hochschule für Künste.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Haus seine Pforten schließt", sagt Karin Garling auf Nachfrage. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und kulturpolitische Sprecherin der SPD verspricht "gemeinsame Anstrengungen" zum Erhalt des Gedenkortes. Die Mittel dafür, wie von der CDU vorgeschlagen, aus der senatseigenen Start-Stiftung zu beziehen, sei allerdings "schwierig": Deren Geld sei schließlich für die künstlerische Jugendförderung zweckgebunden.

Konkret geht es um rund 40.000 Euro im Jahr, die der Verein für Miete und die Finanzierung einer halben Stelle benötigt: Ehrenamtliche Arbeit braucht einen festen Anker, jemanden, der sich um die Organisation und Projektanträge kümmert. Carsten Werner, kulturpolitischer Sprecher der Grünen, hält eine Stellenfinanzierung gleichwohl für "schwierig", will sich aber ebenfalls für den Erhalt und die Zugänglichkeit der Räumlichkeiten einsetzen. Werner: "Das Gebäude ist wichtig, die Aktivitäten des Vereins sind gut." Am Dienstag kommt das Thema auf Antrag der CDU in die Bürgerschaft.

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