Der Mikado-Minister macht’s schon wieder

Erneut fällt Lutz Stratmann, Ressortchef für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen durch eine Hiobsbotschaft auf: Der von ihm ausgesuchte Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, Alfried Wieczorek, tritt wegen Querelen seinen Posten nicht an

Er ist der Mikado-Minister. Sobald Lutz Stratmann sich bewegt, hat er schon verloren. Es ist eigentlich egal, welches Projekt der Ressortchef für Wissenschaft und Kultur in Hannover anpackt: Alles geht die Brüche. Stratmann hat eine Pechsträne – die dauert leider schon so lange, wie der Christdemokrat Minister ist, also seit dem Jahr 2003.

Ob Hochschul-Kürzungen oder Studiengebühren: Stets gab es wilde Proteste nicht nur der Betroffenen. Stratmanns Darlehens-Programm ist Flopp: Gerade mal zwei Prozent der Berechtigten nutzen es. Auch der Plan des Oldenburgers, der bei der Wahl sein Landtagsmandat verlor, die technischen Fakultäten der Hochschulen Hannover, Braunschweig und Clausthal zusammenzulegen, ist eine Farce.

Am Mittwoch Abend vermeldete das Haus Stratmann nun eine weitere Hiobsbotschaft: „Wieczorek-Absage“ lautete der Titel einer dünnen Mitteilung. Inhalt: Der designierte Präsident des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege, Alfried Wieczorek, bleibt doch lieber in Mannheim Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen.

Stratmann habe das „kalt erwischt“, formulierte der Mannheimer Morgen vorsichtig. „Nicht amüsiert“ über die Absage des renommierten Museumsmachers sei Regierungschef Christian Wulff (CDU) gewesen, musste auch Stratmann zugeben. Noch Anfang September hatte die Staatskanzlei herausposaunt, mit dem 54-jährigen Mannheimer sei ein „Topmanager“ für Archäologie und Denkmalpflege im Land gewonnen worden. Dafür durfte es auch etwas teurer sein: Der neue Denkmalpfleger wurde nicht nur ohne Ausschreibung gekürt, er sollte sogar noch ein Gehalt entsprechend Besoldungsgruppe B 5 kassieren – drei Stufen höher als das der Vorgängerin.

Vorangegangen war ein Streit über das Gebaren Stratmanns, der die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Hannover und Braunschweig arg strapaziert hatte. Ohne mit den Betroffenen zu reden, hatte der Minister im Sommer mit der Nachricht, das Braunschweigische Landesmuseum mit dem Institut für Archäologie und Baudenkmalpflege in Hannover zu verknüpfen, für böses Blut gesorgt: Einmal mehr argwöhnte man an der Oker, die Landeshauptstadt wolle die Braunschweiger entmachten; sogar über einen Abzug der berühmten Vermeers wurde spekuliert.

Welch brisanter Posten Wieczorek erwartet, war spätestens klar, als sich Braunschweigs Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) via Lokalzeitung über ihn äußerte: Wieczorek sei wohl „unter falschen Voraussetzungen nach Niedersachsen angeworben worden“, sagte der OB. „Das geht so weit, dass er sich zum Thronsaal im Landesmuseum äußert, obgleich er dafür gerade nicht zuständig sein soll.“ Das ist zwei Wochen her.

Es sei „verständlich, dass Herr Wieczorek diesen Job, bei dem er nur hätte verlieren können, nicht angetreten habe“, erklärten nun die Grünen. „Die Pannenserie in der Zuständigkeit von Kulturminister Stratmann ist um eine Episode reicher“, freute sich auch die SPD.

„Wegen der Diskussionen in Niedersachsen war er wohl für das Mannheimer Angebot empfänglicher“, versuchte Stratmann gestern die Schuld Richtung Hoffmann abzuschieben. Ausschlaggebend sei aber gewesen, dass die Mannheimer bei den Wieczorek’schen Bezügen gehörig draufgesattelt hätten, sein Stab vergrößert wurde und Stifter eine siebenstellige Summe zur Verfügung gestellt hätten. Als Stratmann, so wird in Hannover gemunkelt, noch mal einen drauflegen wollte, hatte der Museumsdirektor bereits an alter Wirkungsstätte unterschrieben – diesmal endgültig. Er sei „alles andere als glücklich“, betonte der Minister am Donnerstag – und versprach, die Stelle regulär neu auszuschreiben. Auch Stratmanns eigener Posten dürfte demnächst neu ausgeschrieben werden. KAI SCHÖNEBERG