Deutsche Füchse „unbeteiligt“ im Einsatz

ABC-Soldaten prüfen, ob Iraks Raketenangriffe auf Kuwait Giftgas verbreiten. Truppe aufgestockt – nicht abgezogen

FREIBURG taz ■ Deutsche Soldaten sind näher am Kriegsgeschehen, als es ihnen lieb sein kann. In Kuwait untersuchen sie mit ihren „Fuchs“-Panzern die Einschlagsstellen von irakischen Raketen – um herauszufinden, ob Giftgas oder andere chemische Waffen eingesetzt wurden. Das Verteidigungsministerium versichert derweil, die Truppe sei am Irakkrieg nicht „beteiligt“. Die Soldaten gehören zu einer Einheit aus Höxter (Nordrhein-Westfalen), die in Kuwait sechs ABC-Spürpanzer vom Typ „Fuchs“ bedient. Die deutschen Laborpanzer gelten als besonders leistungsfähig und sind seit November 2001 für den internationalen Kampf gegen den Al-Qaida-Terrorismus zur Verfügung gestellt („Enduring Freedom“).

Seit die USA den Irakkrieg planen, gibt es Streit um die Panzer. So reagierte der neue Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) erzürnt, als US-Vizepräsident Cheney vergangenen August einen Präventivschlag ankündigte. Die deutschen Spürpanzer würden „abgezogen“, wenn die Verwicklung in einen Krieg drohe, sagte er.

Von dieser Ankündigung aus Wahlkampfzeiten will Struck heute nichts mehr wissen. Kurz vor dem Krieg wurde das Kontingent um 30 weitere Soldaten aufgestockt – weil die Wartung der Geräte im Wüstenklima so aufwendig sei. Und letzten Freitag, kurz nach Kriegsbeginn, kamen mehr als 100 weitere Soldaten hinzu. Begründung: Man müsse jetzt verstärkt den Eigenschutz übernehmen, da die US-Soldaten im gemeinsamen Camp Doha in den Irak abziehen.

Die Panzer waren ursprünglich samt 250 Mann Besatzung für eine Übung nach Kuwait gebracht worden. Die ABC-Soldaten trainierten Gegenmaßnahmen, falls Terroristen das Trinkwasser verseuchen. Doch auch nach Ende der Übung blieben die Panzer mit 50 bis 60 deutschen Soldaten im Wüstenstaat. Falls US-Einrichtungen in der Region angegriffen würden, dauere es zu lange, die Einheit erst auf die arabische Halbinsel zu verlegen, sagte der Verteidigungsminister, damals war es noch Rudolph Scharping (SPD).

Wenn heute irakische Raketen in Kuwait einschlagen, fährt einer der „Fuchs“-Panzer hin und die Soldaten machen ihren Job: Sie ziehen Schutzanzüge an und prüfen dann das Gebiet auf chemische Kampfstoffe. Bisher konnten sie stets Entwarnung geben. Im Notfall würden sie sich auch um Dekontaminations-Maßnahmen kümmern, also die Reinigung von Menschen und Geräten. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums handelt es sich hierbei um eine „humanitäre Aufgabe“, die der kuwaitischen Bevölkerung und den alliierten Truppen zugute komme. Die Formulierung ist bewusst gewählt. Im Anti-Terror-Mandat, das der Bundestag jüngst verlängerte, heißt es: Der deutsche Beitrag zu „Enduring Freedom“ „schließt auch Leistungen zum Zweck humanitärer Hilfe ein“.

Noch vor kurzem sahen viele solche Einsätze nicht vom Parlamentsmandat erfasst. So forderte Ende Januar der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU, Christian Schmidt, eine neue Abstimmung im Bundestag. Die Grünen hatten auf ihrem Parteitag im Dezember sogar beschlossen, die Spürpanzer sollten im Falle eines präventiven US-Angriffs „umgehend“ abgezogen werden. Peter Struck hält es derzeit aber für ausreichend, wenn die Panzer und die rund 200 Soldaten nur in Kuwait Chemietests vornehmen und nicht in den Irak vorrückten.

Im Hintergrund steht wohl ein Machtwort des Bundeskanzlers aus dem Vorjahr. „Niemand kann die Konsequenzen für das deutsch-amerikanische Verhältnis der nächsten 30 bis 50 Jahre abschätzen“, so Gerhard Schröder, „falls die Spürpanzer abgezogen würden und es dann tatsächlich zum Einsatz von ABC-Waffen käme.“ CHRISTIAN RATH