Spinnerei im Angriff

Der FC Bayern München überzeugt in der Champions League gegen den AC Florenz durch Sturm und Drang, doch in der Abwehr klaffen weiterhin recht große Lücken

MÜNCHEN taz ■ Eine kleine Pointe würde diesem Gespräch noch guttun, das spürte Mark van Bommel. Als Vorlage nahm der Kapitän des FC Bayern die Frage, ob er Angst habe, bald wieder auf der Bank zu sitzen. „Ich habe nie Angst vor der Bank“, sagte van Bommel. „Wenn ich jetzt nach Hause komme, dann lege ich mich sogar auf die Bank.“ Noch ein Zwinkern mit dem linken Auge und Abgang.

Im Prinzip hatte van Bommel ja gute Laune. Er durfte im Champions-League-Heimspiel gegen den AC Florenz durchspielen, und die Mannschaft hatte das Spiel 3:0 gewonnen. Aber es war ihm ein aufrichtiges Anliegen, ein paar mahnende Worte zu sprechen. „Wir müssen froh sein, dass Florenz kein Tor geschossen hat“, sagte der defensive Mittelfeldspieler. Er dachte dabei an drei Großchancen der Gäste (von insgesamt 23 Torschüssen), die allesamt durch Abstimmungsprobleme in van Bommels Bereich entstanden. „Die haben mit drei Leuten durch die Mitte angegriffen, wir hatten nur zwei Leute dagegen. Das müssen wir taktisch besser lösen.“ Er meinte: Da müssen sich die Offensivspieler mehr einbringen. Dieses Manko erkannte auch Klinsmann. „Das Zusammenspiel der einzelnen Positionen muss noch besser werden“, räumte der Coach ein. Noch steht der Beweis aus, dass Klinsmann in der Lage ist, der Mannschaft ein tragfähiges Defensivkonzept zu vermitteln. Seine besondere Note gewann das Spiel gegen Florenz aber dadurch, dass es trotz dieser Schwächen die bisher beste Saisonleistung der Bayern zu sehen gab.

Im Spiel nach vorn griffen die Rädchen diesmal so gut ineinander, dass die Zuschauer ein ums andere Mal vor Freude juchzten. Zé Roberto schoss nicht nur ein wunderbares Tor zum 3:0, hauptsächlich zog er von zentraler Position aus die Fäden. Das tut er zwar schon die ganze Saison über in meist beeindruckender Weise, diesmal aber verhedderten die Mitspieler nicht gleich alles wieder, sondern webten gemeinsam immer wieder schöne Angriffsnetze. Bastian Schweinsteiger etwa präsentierte sich ungewohnt effektiv, unter anderem bei seinem energisch erzielten Treffer zum 2:0. Am augenfälligsten aber war der Leistungssprung bei Miroslav Klose, Schütze des ersten Tors, der so wach und agil über den Platz wuselte, wie man ihn im Vereinstrikot seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Bei den Bayern riefen sie gleich das Ende der Klose-Krise aus. „Es ist auch im Training offensichtlich, dass Miro immer mehr kommt.“

All das wirkte, als habe die Champions League heilende Kraft für das Bayern-Kollektiv. Angesichts von sieben Punkten aus drei Spielen resümierte Uli Hoeneß: „Ein weiterer Sieg müsste für das Weiterkommen reichen.“ Mit dieser Gewissheit im Hinterkopf wollen die Bayern nun zum großen Überholmanöver in der Bundesliga ansetzen. Drei Spiele binnen einer Woche – das erste am Samstag zu Hause gegen den VfL Wolfsburg – sind eine gute Gelegenheit für einen kurzen Zwischensprint.

SEBASTIAN KRASS