Neuer Feind der USA: Spritschlucker

Amerikaner sollen auf ihre Benzin fressenden Autos verzichten, fordert neue Werbekampagne. Wer weiterhin den 30-Liter-Wagen fahre, unterstütze den internationalen Terror. Spots gegen Autos auch in deutschen Kinos. Der Tenor: Fahrt zur Hölle

von LUKAS-CHRISTIAN FISCHER
und ANNA BILGER

Die USA haben einen neuen Feind im Innern entdeckt: den Geländewagen. Mit ihrem überdimensionalen Spritdurst verstärken die so genannten Sport Utility Vehicles (SUVs) die amerikanische Abhängigkeit von ausländischem Öl und helfen den gefürchteten Schurkenstaaten bei der Finanzierung des internationalen Terrorismus.

Zu dieser Erkenntnis kam im Oktober des vergangenen Jahres die US-Journalistin Arianna Huffington in einer ihrer Kolumnen und gründete „The Detroit Project“. Mit Werbespots ruft die Kalifornierin Industrie und Gesellschaft zum effizienteren Umgang mit Benzin auf – und spaltet damit die Nation.

Geländewagen gehören zu den Lieblingsfahrzeugen der weißen Mittelklasse. Da ist ein Verbrauch zwischen 25 und 30 Litern Benzin auf 100 Kilometern egal. 20 Millionen SUVs fahren bereits auf Amerikas Straßen. Und nur 5 Prozent kommen davon tatsächlich im Gelände zum Einsatz. Doch nicht ohne Grund ist jede vierte Neuzulassung ein solches Mega-Auto: Laut Gesetz sind sie Nutzfahrzeuge und lassen sich deshalb von der Steuer absetzen.

Um diesem Trend entgegenzutreten, sind die Filme, die Huffington jetzt gemeinsam mit dem befreundeten Hollywoodproduzenten Lawrence Bender (Pulp Fiction) gemacht hat, provokant und offensiv. Einer von ihnen heißt „Talking Heads“. Angelehnt an die Ästhetik von Diätdrinkwerbung kommen in diesem Spot vermeintliche Durchschnittsbürger zu Wort. Allerdings berichten sie nicht von ihren Diäterfolgen nach dem Motto „Ich habe 40 Pfund in zwei Wochen abgenommen und Sie können das auch!“. Sie überraschen mit Sätzen wie: „Ich habe geholfen, ein Flugzeug zu entführen.“ Oder: „Ich habe geholfen, einen Nachtclub in die Luft zu sprengen.“ So wird den Geländewagenfahrern vorgeworfen, durch die Verschwendung von Benzin unmittelbar an Terrorakten beteiligten zu sein. Mit dem Holzhammer der nationalen Sicherheit soll ihnen die Freude am Fahren genommen werden.

Bedarf es einer physischen Bedrohung des eigenen Lebens, um in der amerikanischen Gesellschaft ein Umdenken zu erreichen? Die Umweltproblematik geht auf jeden Fall nicht grundsätzlich an der Öffentlichkeit der USA vorbei. Bereits vor Huffington hat das Evangelical Environmental Network mit einem Fernseh-Spot die autoverliebte Gesellschaft zum Nachdenken aufgefordert. Dabei regt das EEN an, aus christlicher Nächstenliebe auf SUVs zu verzichten, indem es die Frage stellt: „What would Jesus drive?“

Die Mittel der Werbung für Umweltanliegen zu nutzen, ist auch in Deutschland im Trend. Das Projekt „Nachhaltiger Filmblick“ beschäftigt sich seit 15 Monaten mit der Visualisierung von Nachhaltigkeit. In ihrem neuen Spot Scratch, der ab sofort in den Kinos läuft, haben die 28 Studenten und jungen Berufstätigen jetzt ebenfalls das Auto im Visier. In seiner Aussage geht der Nachhaltige Filmblick allerdings einen Schritt weiter als Arianna Huffington.

Hier werden Autobesitzer aufgefordert, zur Hölle zu fahren, und Mobilitätsalternativen wie Car-Sharing und Bahnfahren propagiert. Offen bleibt, welche Auswirkungen derlei Kampagnen auf das Gewissen der beiden Autonationen diesseits und jenseits des Atlantiks haben werden. In den USA ist der Umschwung noch fern: Im vergangenen Jahr sank zwar der Absatz für Autos um 2 Prozent, die Sparte der SUVs hingegen konnte Zuwächse von 6 Prozent verzeichnen.