Blix: Kein Grund für Krieg

UN-Chefinspekteur macht Front gegen US-Präsident Bush. Kein Hinweis für eine Zusammenarbeit von Irak und Terrornetz al-Qaida. Scharfe Kritik an Aufruf zur Unterstützung von Bushs Irakpolitik

NEW YORK/BERLIN dpa/ap/afp/taz UN-Chefinspekteur Hans Blix sieht im Gegensatz zur US-Regierung bisher keine überzeugenden Gründe für einen Krieg gegen den Irak. In einem Interview mit der New York Times widersprach Blix den Ausführungen von US-Präsident George W. Bush in dessen Rede zur Lage der Nation am Dienstagabend in mehreren Punkten.

Es gebe keinen Beweis dafür, dass Bagdad Wissenschaftler nach Syrien, Jordanien und in andere benachbarte Länder geschickt hätte, um ihren Kontakt mit den UN-Waffeninspektoren zu verhindern, sagte Blix der Zeitung. Auch spreche nichts dafür, dass sich Agenten der irakischen Führung als Wissenschaftler ausgäben, wie Bush angeführt hatte.

Der UN-Chefinspekteur wandte sich auch gegen eine Behauptung von US-Außenminister Colin Powell, wonach die Kontrolleure Hinweise darauf gefunden haben sollten, dass Bagdad illegale Waffenmaterialien versteckt und aus Sorge vor ihrer Entdeckung zum Teil auch ins Ausland gebracht habe. Ihm lägen solche Berichte nicht vor, stellte Blix klar. Ebenso gebe es zurzeit keine überzeugenden Anzeichen dafür, dass der Irak Verbindungen zum Al-Qaida-Terrornetz hat, wie Bush in seiner Rede behauptete.

Mit scharfer Kritik reagierte Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker auf die Solidaritätserklärung von acht europäischen Staats- und Regierungschefs mit der Haltung der USA im Irakkonfliktden. Wer nicht in der Lage sei, eine solche Aktion mit 25 Regierungen abzustimmen, „beweist seine Unfähigkeit für künftige Aufgaben in der EU“, wurde der Regierungschef am Freitag in der Welt zitiert. Es sei „in höchstem Maße bedauerlich, skandalös und unsolidarisch“, dass nicht einmal die griechische Regierung als EU-Ratspräsidentschaft von den „übereifrigen Briefeschreibern“ informiert worden sei.

CDU-Chefin Angela Merkel lobte dagegen gestern den Aufruf. Wenn sie Regierungsverantwortung hätte, würde auch ihr Name unter der Erklärung stehen, sagte Merkel in Berlin.

Die Bundesregierung begrüßte unterdessen die Initiative der griechischen EU-Ratspräsidentschaft für einen Sondergipfel, auf dem eine einheitliche europäische Position zur Irakfrage erarbeitet werden soll. Bundeskanzler Schröder werde „selbstverständlich“ an einem EU-Sondergipfel teilnehmen, sagte ein Sprecher in Berlin. Schröder habe immer das Ziel einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik verfolgt. Der Unterstützungsappell habe aber zum Ausdruck gebracht, dass es neben einem „hohen Maß an Übereinstimmung“ auch „Meinungsunterschiede“ gebe.

An der Gewährung von Überflugrechten will die Bundesregierung auch im Falle eines US- Angriffs auf den Irak festhalten. Die Zusagen des Kanzlers an die USA auf dem Nato-Gipfel in Prag vom November 2002 hätten „unverändert Bestand“, sagte ein Sprecher. Aus den Reihen der Grünen wurden aber neue Bedenken laut. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regierung nicht verpflichtet wäre, den USA stets Überflüge zu genehmigen.

Der Verteidigungsausschuss des Bundestags hat eine für Ende Februar geplante Reise nach Washington absagen müssen, weil sich auf US-Seite keine Gesprächspartner fanden. Das teilte der Ausschussvorsitzende, Reinhold Robbe, mit. EC/WG

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