Europa Donna im Zwielicht

Die deutsche Sektion von „Europa Donna“, der Europäischen Koalition gegen Brustkrebs, hat sich aufgelöst – klammheimlich. Im Hintergrund geht es um die Finanzierung durch die Pharmaindustrie

Von Klaus Wolschner

„Europa Donna“ ist ein schöner Name. Er steht für die europaweite Vernetzung derer, die sich mit dem Thema Brustkrebs befassen. Sieben Jahre lang war Karin Jöns (SPD), die Bremer Europaabgeordnete, Präsidentin von „Europa Donna Deutschland“ und machte sich als Lobbyistin für Brustkrebs-Zentren einen Namen. Am Samstag wurde „Europa Donna Deutschland“ in Bremen aufgelöst – in aller Stille, könnte man sagen.

„Der Verein hat seine Aufgabe erfüllt“, Europa Donna hat das Mammographie-Screening „bundesweit auf die Schiene gesetzt“, sagt Karin Jöns – also eine Vereinsauflösung wegen großen Erfolgs? Naja, dann war da noch etwas. „Entsetzt“ sei sie gewesen, als sie davon erfahren habe, dass die Europa-Zentrale in Mailand zu 86 Prozent von der Pharma-Industrie finanziert wird, sagt Jöns. Allein in den Jahren 2006 und 2007 waren das 1,3 Millionen Euro. In der langen Liste der Pharma-Firmen, die der taz vorliegt, finden sich auch führende Hersteller von Brustkrebs-Medikamenten. Zwar habe der deutsche Verein damit nichts zu tun, sagt Jöns, den Makel werde aber kein Mitgliedsverein los.

Obwohl sie sich von 2000 bis 2007 mit dem Titel der Präsidentin von Europa Donna, geschmückt hat, habe sie davon nichts gewusst, sagt Jöns. Im Oktober 2007 war sie von ihrem Amt mit dem gesamten Vorstand zurückgetreten – mit dem Hinweis auf die Pharmagelder.

Im April 2008 hat dann auch die Europaparlamentarier-Gruppe Brustkrebs (European Parliamentary Group on Breast Cancer, EPGBC) ihre Kooperation mit Europa Donna aufgekündigt. „Transparenz ist bei Patientengruppen wichtiger denn je“, so Jöns damals, man müsse sich „gegen versteckte Einflussnahme der Pharmaindustrie“ wehren. Immerhin hatte die EPGBC ihr Büro in der Mailänder Zentrale von Europa Donna, bis heute führt die Webadresse www.epgbc.org direkt zu Europa Donna.

„Wir brauchen eine neue Sponsoring-Kultur“, sagt Jöns heute. Denn die Frage des Pharma-Sponsorings stelle sich auch für die Selbsthilfegruppen – nicht nur im Bereich der gegen Brustkrebs engagierten Frauen.

Den Versuch, bei Europa Donna auf europäischer Ebene das Thema Pharma-Sponsoring öffentlich zu problematisieren, hat Jöns allerdings nicht gemacht. Die Bremer Sozialdemokratin Anne Albers kann sich kaum vorstellen, dass Jöns von der Praxis der Pharma-Sponsorings nichts gewusst hat. Albers war vor Jahren einmal – bevor sie sich mit Jöns überwarf – Schatzmeisterin des deutschen Vereins von Europa Donna. Die 500 Euro Mitgliedsbeitrag der deutschen Sektion an die Mailänder Europa-Zentrale hatte damals, „bis ich ins Amt kam, die Pharma-Firma Bristol-Myers bezahlt“, erinnert sich Albers. Sie habe diese Spende gestoppt und in den Folgejahren dafür gekämpft, dass Europa Donna die Richtlinien von Transparency International unterschreibt. Das habe Jöns verweigert. Dabei sei es bei den internationalen Zusammenkünften in Fünf-Sterne-Hotels offensichtlich gewesen, dass Europa Donna große Geldgeber haben muss – das sei eine fürstliche Atmosphäre gewesen, wie auf Ärztekongressen. Noch im Sommer 2006 saß Jöns in der ersten Reihe, als die österreichische Sektion von Europa Donna im 10. Stock über Wien zum „Europa Donna Launch-Event“ geladen hatte.

Die streitbare Anne Albers, die 2003 von Europa Donna ausgeschlossen wurde, betrachtet die Selbstauflösung auch als einen Erfolg ihrer Kampagne für Transparenz.