kabinenpredigt
: Schneller, größer, piefiger

Ganz klar, es war ein Fehler, diese Arena am Ostbahnhof zu bauen.

Denn ohne die fulminante Mehrzweckhalle hätten sich die Volleyballer des SCC Berlin wahrscheinlich nicht genötigt gesehen, für ihre Fans diesen unsäglichen Schlachtruf zu kreieren: „SCC – die Hammer von der Spree“. Aber nachgereichte Argumente zählen nicht. Es ist zu spät. Die Macher vom SCC werden von der Angst gesteuert, dass die Ankermieter der Arena am Ostbahnhof, Alba und die Eisbären, den größten Teil der Sportfans für sich abgreifen.

Manager Kaweh Niroomand sagt, wenn man nicht handeln würde, wäre der SCC in ein, zwei Jahren in der Zuschauergunst abgehängt. Deshalb präsentiert sich der Club derzeit so überaus innovativ. Der Schlachtruf ist dabei nur einer von vielen Neuheiten. Künftig kann man die Eintrittskarten für den SCC am heimischen Computer kaufen und ausdrucken. Und über eine Leinwandprojektion werden kleine Filmchen gezeigt. Für Entertainment ist also auch in der piefigen Charlottenburger Sömmeringhalle gesorgt.

Der große Clou kommt aber noch: Die Volleyballer wollen in dieser Saison ihre Spitzenbegegnungen im Osten, in der wesentlich größeren Max-Schmeling-Halle, austragen.

Von der derzeitigen positiven Stimmung für den Sport wolle auch der SCC profitieren, sagt Niroomand. Wie alle geht er vom Automatismus aus, dass eine komfortablere Halle auch mehr Zuschauer bringt. Eine risikoreiche Annahme, gibt er zu. Denn die für den Umzug auf bis zu 15.000 Euro veranschlagten Kosten seien noch nicht gedeckt.

Der Glaube an das unbegrenzte Zuschauerwachstum macht die Runde bei den Berliner Profivereinen. Ausgelöst hat diese Euphorie die neue Arena am Ostbahnhof. Ein Grund, weshalb auch der Handball-Erstligist, die Füchse Berlin, dorthin am liebsten schon heute seine komplette Heimspielserie verlegen würde.

Dass Hertha BSC Berlin gerade in dieser Zeit laut über den Neubau eines eigenen komfortableren Stadions nachdenkt, ist gewiss kein Zufall. Auch hier ist man der Überzeugung, man müsse nur dem vermeintlichen Eventbedürfnis der Zuschauer – noch lauter, noch intensiver – entgegenkommen, um den Verkauf der Eintrittskarten zu steigern.

Doch die Spekulationsblase könnte ebenso leicht platzen wie derzeit die der Finanzmärkte. Kleinere Vereine wie den SCC Berlin würde das die Existenz kosten.

JOHANNES KOPP