Impfen für Deutschland

Pockenalarm! Roland Koch droht Ausländern mit Vergeltungsmaßnahmen

„Jede Stimme für die CDU ist eine Stimme gegen Pocken und gegen Ausländer“

Als Hessens Ministerpräsident Roland Koch Anfang des Monats die Vorbereitung von Massenimpfungen gegen Pockenviren ankündigte, gingen sowohl Parteimitglieder als auch die Opposition davon aus, dass die anstehenden Impfmaßnahmen die gesamte Bevölkerung erreichen sollten. Jetzt droht der hessische Landtagswahlkampf einmal mehr in den Strudel einer besonders abstrusen Debatte über in Hessen lebende Ausländer zu geraten.

Auf einer Wahlkampfveranstaltung im hessischen Bebra enthüllte Koch das jüngste Wahlplakat der CDU. Unter dem Konterfei des Ministerpräsidenten ist darauf die Parole „Pockenimpfstoff – nur für Deutsche“ zu lesen. In einer Rede verteidigte Koch unter frenetischem Beifall seine Position: „Es ist nicht einzusehen, dass wir uns bei denjenigen, die die Pocken im Auftrag Saddam Husseins nach Deutschland einschleppen, auch noch mit einer Gratis-Impfung bedanken. Jede Stimme für die CDU ist eine Stimme gegen Pocken und gegen Ausländer.“ Während einer anschließenden Pressekonferenz kam es vor allem unter ausländischen Journalisten zu tumultartigen Zwischenfällen. Nachdem Koch unbequeme Fragen mit dem Kommentar „Wem das nicht passt, der kann ja gehen“ abwiegelte, verließen etliche Journalisten den „Ort des Schreckens“. Lediglich Vertreter des Springer-Presse sollen bis Konferenzende demonstrativ ausgeharrt haben. Dabei wollte Koch die Frage, ob auch Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose von der Pockenimpfung ausgenommen wären, nicht eindeutig beantworten: „Ich sag das mal so: Wer arbeitet, hat nichts zu befürchten.“

Bereits Tage vorher löste ein CDU-Plakat mit dem Slogan „Für unsere Sicherheit – weiter hart durchgreifen“ für Hysterie, allerdings vornehmlich unter Parteimitgliedern, die befürchteten, Koch würde sein Versprechen nach „brutalstmöglicher Aufklärung“ der eigenen Steuerhinterziehung und Schwarzgeld-Transfers doch noch in die Tat umsetzen. Die jüngste Plakataktion wird daher als ein Zugeständnis an die Basis gewertet, die eine Wiederholung der schon im letzten Wahlkampf erfolgreichen „Anti-Ausländer-Kampagne“ gefordert hatte. Angekündigt hatte Koch sein Vorhaben während einer Massenmensur rechtsextremer Studentenverbindungen im mittelhessischen Marburg mit den Worten: „Eher lasse ich mir drei Dosen Pockenimpfzeug hinten reinjagen, bevor die Asylanten was davon abkriegen.“

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hingegen verwies darauf, dass nicht die Bundesländer, sondern die Bundesregierung für den Impfschutz der Bevölkerung zuständig sei, und diese werde, „falls das denn jemals notwendig wäre, niemanden von der Impfung ausschließen, selbst Herrn Koch nicht“. Roland Koch seinerseits unterstellte der Bundesregierung „mangelndes Interesse an der Seuchenreinheit des Volkes“. Für den Fall, dass ihm die Bundesregierung „dazwischenfunken“ wolle, kündigte er eine Neuauflage der Unterschriftenkampagne an. Noch vor der Wahl am 2. Februar soll die deutschstämmige Bevölkerung Hessens dazu aufgerufen werden, sich an speziellen Pockenstützpunkten „durchimpfen“ zu lassen. Allerdings herrscht bei den kommunalen Gesundheitsbehörden noch Unklarheit darüber, ob ein Personalausweis zum Nachweis der Deutschstämmigkeit ausreicht.

Während Koch seine Zustimmung für einen Angriffskrieg der USA gegen den Irak wiederholte, bestätigte ein Sprecher, dass Hessen selbst biologische Kampfstoffe bereithalte, um bei Kriegsbeginn „präventive Vergeltungsmaßnahmen“ gegen in Hessen lebende Ausländer einzuleiten. ANDRÉ PARIS