Serbiens neuer Geheimdienstchef

Die Verhaftung des jahrelang flüchtigen mutmaßlichen Kriegsverbrechers Radovan Karadžić am Montag wird als sein großer Erfolg angesehen: Saša Vukadinović. Der Chef des serbischen Geheimdienstes BIA (Bezbednosno informativna Agencija – Sicherheits- und Informationsagentur) ist erst seit dem 17. Juli im Amt, und schon 5 Tage später schnappte die Falle für Karadžić zu.

Vukadinović wurde am 12. Januar 1972 in Kruševac in einer Arbeiterfamilie geboren. Schon als Schüler führte er Demonstrationen gegen das Milošević- Regime an. Anfangs war er Mitglied der monarchistischen SPO – der Serbischen Erneuerungsbewegung von Vuk Drašković – bald jedoch schloss er sich der bürgerlichen DS – der Demokratischen Partei – an. Er absolvierte die juristische Fakultät in Belgrad. Drei Jahre lang versuchte er sich als Rechtsanwalt.

Nach dem Sturz des Regimes wurde er 2001 zum Polizeichef seiner Heimatstadt ernannt. Er erzielte mehrere von den Medien viel beachtete Erfolge gegen das organisierte Verbrechen, deckte sogar den Versuch einer Bande auf, einen Richter des Obersten Gerichtes Serbiens zu bestechen. Polizeichef blieb er bis 2007 und wurde dann zum Direktor aller Strafanstalten Serbiens ernannt. Seine Ernennung zum Chef des BIA erfolgte nach der Bildung der neuen proeuropäischen Regierung am Donnerstag vergangener Woche.

Vukadinović war nie Mitglied des Geheimdienstes oder hatte auch nur irgendetwas mit ihm zu tun. Den jungen Mann, den kaum jemand jemals anders als im blauen Anzug mit dezentem Schlips gesehen hat, ist der siebente Chef des serbischen Geheimdienstes nach dem Zerfall Jugoslawiens. Vier von seinen sechs Vorgängern endeten oder waren zumindest zeitweilig im Gefängnis. So auch sein unmittelbarer Vorgänger, Rade Bulatović – angeklagt wegen mutmaßlicher Beteiligung an der Ermordung des ersten demokratischen serbischen Premiers, Zoran Djindjić. Bulatović war ein Vertrauter von Expremier Vojislav Koštunica, der das UN-Tribunal als eine „politische Institution“ und ein „Druckmittel“ gegen Serbien kritisierte. Bulatović galt als die größte Hürde für Reformen des Geheimdienstes, der eine der Stützen des Regimes von Slobodan Milošević gewesen ist.

Mit der Ernennung von Vukadinović zum Chef der BIA will Präsident Boris Tadić zeigen, dass er es mit dem Aufbrechen der alten Strukturen im Geheimdienst ernst meint, die für Verbrechen in den Neunzigerjahren und das Aufblühen des organisierten Verbrechens mitverantwortlich sind. Vukadinović lebt seit einem Jahr in Belgrad, ist verheiratet und hat zwei Töchter. ANDREJ IVANJI