Die Wahrheit: Sammeln Sie Nagellackreste?

Beim Neujahrsspaziergang lag ein toter Maulwurf am Wegesrand. Es war aber nicht Grabowski, ...

... sondern jener kleine von Zdenek Miler erfundene, der, wegen falsch verstandener Trauerarbeit suizidale Tendenzen entwickelt hatte. Miler ist ja vor wenigen Wochen verstorben. Wenn ein Maulwurf stirbt, nennt man das unter Maulwürfen natürlich "die Radieschen von oben anschauen".

Und von noch weiter oben hätte man noch mehr Radieschen entdecken können: Ein ganzer Bund, zudem eine Tüte Möhren und ein Stamm Broccoli durften am Silvesterwochenende mit an den See fahren, dort hingen sie zwei Tage lang im Gemüsefach des Ferienhauskühlschranks herum und waren bestimmt genauso traurig wie wir, dass sie wieder weg mussten, nach Hause, in den gewohnten Kreuzberger Kühlschrank, wo sie seit mehreren Wochen - der Broccoli ist schon gelb - wohnen. Wir waren einfach nicht dazu gekommen, das alte Gemüse zu verarbeiten, unter anderem weil das junge uns so auf Trab hielt.

Außerdem waren wir, wie das im Kurzurlaub üblich ist, stante pede in den lokalen Discounter gefahren und hatten dermaßen viel Überflüssiges in den Wagen gepackt, dass die Kassiererin vorwurfsvoll bemerkte: "Sie haben mit ihrem Einkauf 49 Treuepunkte auf einmal bekommen. Bei 50 gäbe es zwei Biergläser umsonst!" Man musste mich am Stuhl festketten, um zu verhindern, dass ich am Samstagabend noch mal hinfahre und fünf Säcke Grillkohle oder einen Trainingsanzug in brandenburgischen Tarnfarben in den Einkaufswagen werfe, nur wegen dieses letzten Treuepunkts.

Umsonst ist ja fast mein Lieblingswort, gleich nach seiner großen Schwester reparieren. Denn: Ich schmeiße nichts weg, ich klebe! Oder mache Gemüsesuppe draus. Das habe ich entweder von der überaus sympathischen Messie-Oma, bei der ich als Studentin mal zu putzen versuchte und die bei jedem Versuch, etwas von den Schichten auf Tischen und Schränken in den Mülleimer zu fegen, ausrief: "Nein, lassen Sie das liegen, das ist Makrobiotik!" Oder es steckt einfach in den Genen: Schlesierin bleibt Schlesierin, da helfen keine Großzügigkeitspillen. UkkU. SAv. (Und keine kalten Umschläge. Selbst Aspirin versagt).

Irgendwann werde ich auch die elf Maggi-Würfel verarbeiten, die vor einem Jahr umsonst in einem Supermarkt auslagen. Täglich freue ich mich über den Tipp aus einer alten Brigitte, Nagellackreste zusammenzugießen und damit einen neuen Look zu kreieren - Crackling Nails sind ja gerade le dernier cri, wenn nicht sogar der hinterletzte. Ich schreibe nur mit bei Pressekonferenzen gestohlenen Kulis auf bei Pressekonferenzen gestohlenen Blöcken, auch wenn noch ein noch so großes "Beate Uhse TV"- oder MDR-Logo drauf prangt. Die Shampooproben aus den Frauenzeitschriften der Arztwartezimmer liegen alle in meinem Bad, gleich neben dem Klopapier, für das ich allerfeinste Imbissservietten verwende. Und wenn mich jemand Pfennigfuchserin nennt, dann antworte ich: Ja, ich fuchse Pfennige. Aber besser Pfennige fuchsen als Korinthen kacken.

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kari

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