Landeswahlleiter in der Defensive

Staatsgerichtshof verhandelt über Bremerhavener Wahl-Ungereimtheiten. Entscheidung über Neuwahlen vertagt

Zu keiner Entscheidung kam gestern der Staatsgerichtshof, der sich mit dem Ablauf der Bürgerschaftswahlen im Mai 2007 in Bremerhaven befasste. Das Thema sei so komplex, dass eine längere Beratungszeit nötig sei, so der Vorsitzende Richter Alfred Rinken.

Der Hintergrund: Sowohl der Landeswahlleiter, als auch die Wählervereinigung „Bürger in Wut“ hatten Beschwerde gegen eine Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts eingelegt, nach der die Stimmen in Bremerhaven neu ausgezählt werden müssen, wegen „teils schwerwiegender Mängel.“ Während der Landeswahlleiter auch gestern alle festgestellten Ungereimtheiten bei der Stimmauszählung abtat, beantragte der Anwalt der Wählervereinigung eine Wiederholung der Bürgerschaftswahl in Bremerhaven. Seine Argumentation: Eine erneute Auszählung würde die Fehler, die bei der Stimmauszählung gemacht wurden, nicht rückgängig machen – und möglicherweise nicht das erwünschte Ergebnis erbringen, sprich die eine Stimme, die den Bürgern in Wut (BiW) fehlt, um die Fünf-Prozent-Hürde in der Seestadt zu überspringen.

Einer derjenigen, der diese Stimme hätte liefern können, saß gestern auch auf der Klägerbank. Er hätte die BiW gewählt, versicherte der Bremerhavener, allein, er durfte nicht, weil er aus dem Meldeverzeichnis gestrichen worden war – ein Fehler, den nicht er verschuldet hatte, wie mittlerweile feststeht. Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs interessierten sich allerdings vor allem für zwei andere Umstände der Wahlnacht: Zum einen ging es um eine Wahlvorsteherin, die mit den Stimmen ihres Wahlbezirks im Rucksack zum Wahlamt geradelt war, wo sie erneut ausgezählt wurden. Der stellvertretende Landeswahlleiter Heinz Klünder stellte dies gestern als normalen Vorgang hin, lediglich das Transportgefäß sei ungewöhnlich gewesen. „Andere hatten vielleicht einen Aktenkoffer.“ Auf Nachfrage räumte Klünder ein, dass der entscheidende Unterschied der sei, dass die anderen Stimmpakete versiegelt gewesen seien, und die Auszählung bereits abgeschlossen war. „Ich finde es merkwürdig, dass sie das als ordnungsgemäß darstellen“, rügte Richter Rinken, „Sie sollten dafür sorgen, dass solche Transporte in Zukunft unterbleiben.“

Für Irritationen sorgte außerdem der Umstand, dass die Umschläge, in denen sich die Stimmzettel befinden, nicht aufgehoben werden. Das sei nicht notwendig, argumentierte Landeswahlleiter Klünder, weil etwaige Unstimmigkeiten – etwa, wenn wie in Bremerhaven eine Differenz besteht zwischen der Anzahl der Umschläge und der Anzahl der Stimmabgabevermerke – durch den Wahlvorstand erklärt würden. Es sei richtig, dass sich deren Erklärung aber nicht mehr nachvollziehen lasse, weil die Umschläge vernichtet würden, so Klünder.

Der Staatsgerichtshof beschäftigte sich gestern auch noch mit einer Beschwerde der Wählervereinigung BHV, die gar nicht erst zu der Wahl zugelassen worden war. Auch in diesem Fall soll die Entscheidung in den nächsten Wochen verkündet werden. EIB