Niedersachsen erlaubt Online-Zocken

Niedersachsen muss ein Online-Casino zulassen, obwohl es den Glücksspiel-Staatsvertrag mit angeschoben hatte, der Online-Spiele verbietet. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte letztinstanzlich ein entsprechendes Urteil

Als erstes Bundesland wird Niedersachsen den neuen Glücksspielstaatsvertrag brechen. Er gilt seit dem 1. Januar. Auf den Weg gebracht worden war er von der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember 2006. Deren Vorsitzender damals: Niedersachsens Landesvater Christian Wulff (CDU), dessen Regierung ihn nun bricht.

Der Gerechtigkeit halber muss man hinzufügen: Niedersachsens Landesregierung bricht nicht nur den Staatsvertrag, sondern sie bewegt sich auch im Widerspruch zum von ihr formulierten und von der Landtagsmehrheit im vergangenen Dezember abgesegneten Landesspielbankengesetz. Und: Das alles geschieht mit ihr. Sie handelt nicht aus freien Stücken.

Es ist vielmehr ein am Donnerstag veröffentlichter Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, der Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) dazu zwingt, das Internet-Casino der niedersächsischen Spielbanken zuzulassen. Ganz unabhängig davon, dass es im Staatsvertrag unter Paragraph 4, Absatz 4 heißt: „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“ Ein Satz, den auch das Spielbankengesetz formuliert und der, möchte man kalauern – wenig Spielraum lässt.

Durch den Lüneburger Beschluss hat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover Rechtskraft erlangt. Geklagt hatte die Spielbanken GmbH: Sie hat eine Betriebsgenehmigung für ein Online-Casino. Sie läuft bis 2014 „und wir haben eine Option auf Verlängerung um weitere zehn Jahre“, so eine Sprecherin des Glücksspielunternehmens. Ausgestellt hatte die Konzession das Land Niedersachsen im Jahr 2004. Im Februar 2007 hatte es dann den Betrieb untersagt. Wobei man ganz übersehen hatte, dass eine einmal erteilte Erlaubnis nicht durch ein später formuliertes Gesetz unwirksam wird.

Begründet worden war das Verbot nämlich mit einem Vorgriff aufs Landesspielbankengesetz und dem Verweis auf das so genannte Sportwetten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Demzufolge darf es ohne konsequenten Kampf gegen die Spielsucht kein staatliches Glücksspielmonopol geben. Ein generelles Nein zu Online-Casinos bedeute das aber nicht, hatten die Hannoverschen Richter befunden. Wodurch die Erlaubnis nach alter Gesetzeslage korrekt war.

„Es liegen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vor“, hatten die Lüneburger Richter entsprechend festgestellt. Und das Ergebnis ihrer Beratung trägt den Schlusssatz: „Dieser Beschluss ist unanfechtbar.“ Woraufhin Spielbanken-Geschäftsführer Rainer Chrubassik ankündigte „unverzüglich die Startvorbereitungen“ fürs Online-Zocken zu treffen. Nur in Niedersachsen lebende und gemeldete Menschen– eine Spielerschutzmaßnahme – werden also künftig mit Roulette und Black Jack und Poker ihr Geld verjubeln können. Allein am Computer und ganz ohne aus dem Haus zu gehen.

Und die Landesregierung? Ist sie zerknirscht ob des Gesichtsverlusts? Oder erfreut, dass die von der Spielbanken GmbH 2006 angedrohten Regressforderungen weit unter den angekündigten 30 Millionen Euro bleiben dürften, weil nur ein Jahr Verlust geltend gemacht werden kann. Eine Stellungnahme aus dem Finanzministerium gibt es bislang nicht: Der Beschluss sei „noch nicht zugestellt worden“, heißt es, einigermaßen ratlos. Auf den Weg gebracht hat ihn das OVG bereits am 31. März.BENNO SCHIRRMEISTER