Die Bahn kommt mit Fahrrädern

Heute startet der Fahrradverleih von „Call a Bike“ am Hauptbahnhof, bis Mai sollen Stationen an den Bahnhöfen Dammtor und Altona folgen. Die Stadt plant währenddessen ein 1.000-Leihräder-Netz

VON DANIEL KUMMETZ

Im Internet sind die ersten Stunt-Videos mit ihnen aufgetaucht, in Hamburg beschäftigen sie die Stadtentwickler. Leihräder sind in – bei französischen Jugendlichen und Planern in aller Welt, auch in Hamburg. In Deutschland vermietet die Bahn-Tochter „Call a Bike“, doch der große Durchbruch ist ihr noch nicht gelungen.

Deshalb fängt die Bahn in Hamburg klein an: In der Kirchenallee am Hauptbahnhof können ab heute 20 Räder ausgeliehen werden, bis Mai folgen Stationen an den Bahnhöfen in Altona und Dammtor. Die Neueröffnung ist der Start für eine neue Fahrrad-Strategie der Bahn. Bis Ende des Jahres 2009 sollen an jedem ICE-Bahnhof in Deutschland zwischen fünf und zwanzig Leihfahrräder stehen. Neben Hamburg-Harburg sollen dann auch die Bahnhöfe in Schleswig-Holstein Call a Bike-Standorte werden.

„Die Fahrräder werden an einer Station ausgeliehen und müssen dort oder an einer anderen zurückgegeben werden“, sagt Rolf Lübke, der Geschäftsführer der Bahn-Tochter DB-Rent. Nutzer zahlen in Hamburg für ihre Touren acht Cent pro Minute oder 15 Euro pro Tag, gebucht wird per Telefon. Vielfahrer können für 99 Euro ein Jahr lang die Räder die erste halbe Stunde ohne weitere Kosten nutzen, Bahncard-Inhaber bekommen Rabatt.

Doch die silber-roten Räder der Bahn werden das Stadtbild nicht so prägen wie in Berlin oder Köln. Dort sind wesentlich mehr Velos im Einsatz, außerdem können sie an jeder Straßenecke abgeholt und abgestellt werden. Das wird es in Hamburg schon allein deswegen nicht geben, weil es in den anderen Städten nicht reibungslos genug funktioniert. So deklariert Lübke Projekte wie in Berlin zu Werbeaktionen um: „In den anderen Städten wollten wir zeigen, was wir können“.

Die Bahn-Tochter hofft nun auf öffentliche Aufträge, auch aus Hamburg. Die Stadtentwicklungsbehörde arbeitet an einer Ausschreibung für ein großes Hamburger Fahrrad-Leihsystem. Bis zu 2.000 Räder sollen an vielen Stationen in der Innenstadt aufgestellt werden – wahrscheinlich an den U-Bahn-Stationen. „Wir können uns gut vorstellen, das Projekt in zwei Stufen umzusetzen“, sagt Behördensprecherin Kerstin Feddersen. In der ersten Phase plane man nur für die Innenstadt, wenn das gut verlaufe, ist auch ein Ausbau denkbar. Dann seien auch Stationen in Altona, Eimsbüttel oder Bergedorf denkbar. Doch genaue Angaben konnte Feddersen noch nicht machen, ein Ingenieursbüro erarbeitet gerade das Hamburger Konzept. Das Budget ist allerdings schon grob abgesteckt: 25 Millionen Euro will die Stadt innerhalb der ersten zehn Jahre für ein massentaugliches Leihsystem ausgeben. Nach Expertenmeinung reicht das Geld für ein 1.000-Räder-Netz.

Neben Call a Bike will sich auch JCDecaux an der Ausschreibung beteiligen. Der Werbekonzern entwickelte sein Leihkonzept ursprünglich, um den Zuschlag für die Vermarktung öffentlicher Werbeflächen zu bekommen. Die Städte vergeben die Rechte und bekommen dafür eine neue Art des Nahverkehrs.

Dieses Geschäftsmodell wollte auch der Senat nutzen, als er die Werberechte für Plakate in der Stadt ausschrieb. Die Regierung scheiterte im letzten Jahr am Bundeskartellamt, dessen Einschreiten ein solches Kopplungsgeschäft stoppte. Das Resultat sind mehr als eine halbe Milliarde Euro Einnahmen für diese Rechte und die Ausschreibung für das Leihsystem.

Paris gilt als Paradebeispiel für dieses Konzept: JCDecaux bekam die Werbeflächen, die französische Hauptstadt mehr als 20.000 Leihräder an 1.500 Stationen. Die Nutzer zahlen eine Tages- oder Jahresgebühr und können die Räder dafür die erste halbe Stunde kostenlos nutzen, in der Innenstadt gibt es alle 300 Meter eine Station. Alleine 300 Mitarbeiter sind mit der Wartung der Räder beschäftigt. Das lohnt sich: An einem Wochenende in Paris wird so viel Leihrad gefahren wie bei allen Call a Bike-Stationen im letzten Jahr.