Schanzenpark ist kein Sperrgebiet

Die Polizei hebt überraschend das umstrittene Aufenthaltsverbot gegen eine Aktivistin für den Erhalt des Schanzenparks auf. Mit der Maßnahme umgeht die Polizei eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts

Die Nachricht kam per Fax von der Rechtsabteilung der Polizei: Darin teilt der Polizeijurist Jens Stammer am Montag der Rechtsanwältin Ingrid Witte-Rohde in einem knappen Einzeiler mit, dass das „Parkverbot“ – also das „Aufenthaltsverbot“ für große Teile des Schanzenparks – für ihre Mandantin Claudia Falke „verkürzt und mit sofortiger Wirkung für die restliche Laufzeit hiermit aufgehoben wird“. Was zu dieser überraschenden Entscheidung führte, darüber kann zurzeit nur spekuliert werden. „Dazu sagen wir inhaltlich nichts“, sagte gestern Polizeisprecher Ralf Meyer.

Mit diesem Schritt wird jedoch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) über die umstrittene Polizeimaßnahme obsolet. Claudia Falke ist über diese Entwicklung überrascht. „Die waren in den letzten Wochen eher am Sammeln weiterer Anschuldigungen,“ sagt die 46-Jährige Aktivistin des Netzwerks zum Erhalt des Schanzenparks. Am 15. Dezember vorigen Jahres war sie von der Polizei mit dem dreimonatigen Aufenthaltsverbot überzogen worden (taz berichtete). In der vorigen Woche seien drei Zwangsgelder in Höhe von jeweils 100 Euro gegen sie wegen angeblicher Verstöße gegen das Parkverbot verhängt worden, sagt Falke.

Denn immer wenn sie den Park mit ihren beiden Hunden oder ihren neun- und 13-Jährigen Kindern betritt, wären sofort Streifenpolizisten des Lerchenreviers vor Ort und beäugten, ob sie das Sperrgebiet um das Mövenpick-Hotel verletzt. So wollte sie ein Polizist inflagranti erwischt haben, erinnert sich Falke, musste dann aber frustriert feststellen, dass er die Karte mit den Sperrgebiets-Grenzen auf den Kopf gehalten hatte – nicht der einzige Irrtum aus jüngster Vergangenheit.

Auch Falkes Anwältin Witte-Rohde zeigt sich über die Kehrtwende verblüfft. Eigentlich habe die Polizei bis Montag zu Falkes Klage vorm OVG eine Stellungnahme abgeben sollen. „Statt einer Stellungnahme kam die Aufhebung der Verfügung“, sagt Witte-Rohde. „Noch vorige Woche hat darauf nichts hingedeutet.“ Im Gegenteil: In einem Telefongespräch mit dem Polizeijuristen habe dieser noch kategorisch am Parkverbot festgehalten.

Es ist wahrscheinlich, dass das OVG vor einer Entscheidung der Polizei vorab einen rechtlichen Wink gegeben hat, dass es der lapidaren Herangehensweise des Verwaltungsgerichts (VG) als Vorinstanz nicht folgen werde. Das hatte Anfang Februar entschieden, dass die Polizeiverfügung gerechtfertigt sei. Für ein Aufenthaltsverbot reiche ein „Gefahrenverdacht“ aus, so das VG, selbst bei „bestimmten Unsicherheiten bei der Diagnose des Sachverhalts“. Falke könne ja auch in Planten und Blomen spazieren gehen.

Die herrschende Meinung in der Fachliteratur, stellt Witte-Rohde klar, setze indes das Vorliegen einer „konkreten Gefahr“ für ein Aufenthaltsverbot voraus. Trotz dieser Wende hält das Netzwerk am Aktionstag gegen das Polizeigesetz am 15. März fest. „Das Parkverbot hat immerhin zweieinhalb Monate bestanden“, sagt ein Aktivist. „Wer weiß, was sich die Polizei als nächstes einfallen lässt.“ KAI VON APPEN