Klinik ohne Krankenschein

Für Menschen in der Illegalität ist es schwierig, notwendige medizinische Behandlung zu bekommen. Zwei Hamburger Projekte zeigen, dass es auch anders geht – mit ehrenamtlicher Hilfe

VON CLAAS GIESELMANN

„Es gibt viele Menschen ohne Krankenversicherung in Deutschland. Aber auch die werden mal krank – und wir versuchen dann zu helfen.“ Fast könnte man meinen, Hubertus E. Zimmermann schämte sich seiner Tätigkeit, so bescheiden redet er darüber. Der 68-Jährige ist einer von zwei ehrenamtlichen Ärzten in der „Malteser Migranten Medizin“ im Hamburger Marienkrankenhaus. Am vergangenen Montag wurde diese medizinische Anlaufstelle für Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland offiziell eröffnet, gearbeitet wird dort aber schon seit November.

Nach Berlin, Köln, München und Darmstadt ist Hamburg bereits die fünfte Stadt, in der der Malteser Hilfsdienst eine solche Einrichtung betreibt. Dort werden Menschen beraten und medizinisch versorgt, die ansonsten keine Chance auf eine angemessene Behandlung hätten. Ein Teil der Patienten sind mittellose Deutsche, die meisten aber sind Migranten und besitzen keine Aufenthaltserlaubnis.

Menschen ohne Aufenthaltsrecht können in Deutschland nicht einfach zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen. Sie haben keine Krankenversicherung und meist auch kein Geld für eine private Behandlung. Zudem müssten sie bei einem regulären Arztbesuch ihre persönlichen Daten angeben, was Viele aus Angst vor einer Abschiebung scheuen. „Die Meisten haben große Furcht, entdeckt zu werden“, sagt Zimmermann. Natürlich fragen auch die beiden Ärzte der Malteser Migranten Medizin ihre Patienten nach einem Namen, „ob der aber wirklich stimmt, interessiert uns nicht“, erklärt der Internist, der zuvor in Bahrenfeld praktizierte.

Nicht immer können Zimmermann und sein Kollege den Patienten direkt helfen, beispielsweise, wenn Operationen notwendig werden. Dann muss er die Patienten an einen Spezialisten oder ein Krankenhaus vermitteln. „Wir versuchen jetzt ein Netzwerk von Ärzten aufzubauen, die mit uns kooperieren“, erklärt Zimmermann. Um die Arztsuche zu beschleunigen, habe man auch Kontakt zur „Medizinischen Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen“ aufgenommen, einem Netzwerk von Ärzten, die Bedürftige ehrenamtlich behandeln.

Ein grundlegendes Problem bei der Behandlung von Flüchtlingen löst aber auch die Initiative der Malteser nicht: Unwissenheit. Viele Flüchtlinge wissen nicht, dass es medizinische Beratungen und Hilfe für sie gibt.

Hier setzt ein weiteres Projekt an: Das Diakonische Werk Hamburg bietet ab Februar Seminare für ehrenamtliche „Gesundheitscoaches“ für Flüchtlinge an. Die Coaches sollen Bedürftige über vorhandene Hilfsangebote in Hamburg, über das deutsche Gesundheitssystem und Themen wie Erste Hilfe und Kindergesundheit informieren. Auch sie fragen nicht nach dem Aufenthaltsstatus. Neben dem Nutzen für die Bedürftigen könnte dieses Angebot auch noch einen wünschenswerten Zusatzeffekt haben, den Bettina Clemens von der Diakonie Hamburg so formuliert: „Wir hoffen, dass wir so dazu beitragen, dieses Thema zu enttabuisieren.“