Linke-Dossier gegen Parteigenossen: "Als sinister und verschlagen hinstellen"

Über die Mitglieder der bayerischen Linkspartei ist ein anonymes Dossier aufgetaucht. Es zeigt, wie unliebsame Genossen mundtot gemacht werden könnten.

Das Papier zielt auf seine Kritiker: der Schweinfurter Bundesvorsitzende Klaus Ernst. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Kornelia Möller ist erschüttert. "Wenn dieses Papier tatsächlich aus der Partei kommt, ist das ein Unding", sagt die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei aus dem niederbayerischen Landshut. Grund für ihre Bestürzung ist ein anonymes Dossier, das im bayerischen Landesverband der Partei kursiert und nun an die Öffentlichkeit geraten ist.

In dem vierseitigen Papier, das der taz in Teilen vorliegt, finden sich konkrete Handlungsanweisungen, wie unliebsame Parteimitglieder innerhalb des Landesverbandes mundtot gemacht werden sollen. Über Möller ist dort zu lesen: "Sie muss als Lügnerin und Intrigantin gebrandmarkt werden." Ihre Wiederwahl solle verhindert werden.

Seit Jahren tobt in Bayern ein Richtungsstreit zwischen Anhängern des Schweinfurter Bundesvorsitzenden Klaus Ernst und seinen Gegnern innerhalb der Partei. Das Papier, das mit dem Titel "Analyse der Gegenkräfte im Landesverband Bayern" überschrieben ist, enthüllt, mit welch perfiden Methoden die innere Opposition gegen Ernst offenbar ausgeschaltet werden soll.

"Gelegentlich sollte man sich auf Parteiversammlungen über sie belustigen und bei Parteitagen v. a. den weniger begabten und weniger beliebten Mitgliedern Zeit zum Reden einräumen", heißt es über die Mitglieder der Antikapitalistischen Linken (AKL) Bayerns. Dieser Personenkreis solle "als sinister und verschlagen dargestellt werden". Ganz konkret werden einzelne Mitglieder des Landesverbandes, die als kritisch gegenüber dem Gewerkschaftsflügel der Partei gelten, diffamiert. Über die Münchner Stadträtin Dagmar Henn ist zu lesen, sie wirke "hässlich und unsympathisch" und solle zum Gesicht der Gegenkräfte gemacht werden.

"Gezielte Fehlinformation"

Aus wessen Feder das anonyme Papier stammt, ist unklar. Dagmar Henn räumt ein: "Der Zustand innerhalb des bayerischen Landesverbandes ist so, dass ich nicht ausschließen kann, dass das Papier aus unseren Reihen stammt." Dass es von außen stamme, hält sie für unwahrscheinlich. Dazu seien die darin enthaltenen Informationen - darunter auch Krankheitsbefunde und Affären einzelner Mitglieder - zu persönlich. Henn beklagt, dass es im Landesverband seit Jahren nur um Pfründen und Positionen gehe. "Inhaltliche Auseinandersetzungen finden nicht statt."

Dass bei den Machtkämpfen auch unlautere Mittel recht sind, zeigt ein Vermerk über Würzburg. Dort sollen "interne Spannungen genährt und Spaltungen herbeigeführt" sowie über den Würzburger Stadtrat Holger Grünwedel "weiter gezielt fehlinformiert werden". Bereits vor Bekanntwerden des Papiers hatten Parteikollegen Grünwedel als Mitarbeiter des Verfassungsschutzes diffamiert.

Der Chef der bayerischen Linken Xaver Merk spielt das Dossier herunter. "Das ist ein Papier für den Papierkorb", sagte er der taz. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mitglied der Linken in Bayern es geschrieben hat." Merk vermutet eine externe Verschwörung hinter dem Dossier. "Es kann nur aus der Feder unserer Gegner stammen, die versuchen uns gegeneinander aufzuhetzen und uns zu spalten."

Kornelia Möller will dagegen nicht so schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. Sie fordert, der Landesverband müsse zuallererst Solidarität mit den Betroffenen herstellen und dann versuchen, den Verfasser ausfindig zu machen.

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