NSU-Unterstützer: Ein Netzwerk alter Bekannter

Nun geraten die Behörden in Bedrängnis: Der Nationalsozialistische Untergrund hatte Verbindungen zum streng observierten Netzwerk Blood & Honour.

Die verbotene Vereinigung Blood & Honour wird streng überwacht. Bild: AP

BERLIN/HAMBURG taz | Gleich zwei Untersuchungsausschüsse zu den Morden der Neonazizelle NSU sind am Donnerstag eingerichtet worden. Sowohl der Bundestag als auch der Thüringer Landtag wollen Versäumnisse der Sicherheitsbehörden aufklären - und die werden von Woche zu Woche offenkundiger.

Neue Brisanz ergibt sich aus der Razzia in Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg vom Mittwoch bei weiteren mutmaßlichen Helfern der rechtsextremen Terrorgruppe. Nach taz-Informationen wurden mehrere Wohnungen ehemaliger Mitglieder von Blood & Honour (B&H) durchsucht - ein militantes, internationales Neonazi-Netzwerk, dessen deutscher Ableger im Jahr 2000 verboten wurde.

Sollte das Neonazitrio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe tatsächlich von ehemaligen Kadern dieses Netzwerks unterstützt worden sein, würde das die Erklärungsnöte von Polizei und Verfassungsschutz weiter vergrößern - wurde die Szene um die Jahrtausendwende doch massiv observiert.

Vereint in Musik und Kampf

Gegründet wurde B&H 1987 vom Sänger der britischen Skinband Skrewdriver. Schnell konnten die militanten Neonazis in Europa ein klandestines Netz aufbauen, 1994 wurde eine Deutschland-Division gegründet. Dabei ging es den Neonazis um weit mehr als Konzerte. 1998 beschlossen B&H bei einem Deutschlandtreff, die "Patrioten" einen zu wollen, "nicht nur in der Musik, sondern im Kampf".

Einer der ehemaligen B&H-Männer, dessen Wohnung nun durchsucht wurde, ist Jan W. Die Bundesanwaltschaft führt ihn als einen von inzwischen elf Beschuldigten, die im Verdacht stehen, das Terrortrio unterstützt zu haben. Er ist ein alter Bekannter, war Leiter der B&H-Sektion Sachsen und half im Jahr 2000 beim Herstellen und Verteilen einer CD der Neonazi-Band Landser. Wegen Verbreitens verfassungswidriger Propaganda wurde er später zu 20 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Schon 1998 will der Brandenburger Verfassungsschutz erfahren haben, dass der B&H-Sektionsleiter Jan W. "den Auftrag" bekommen habe, das untergetauchte Neonazitrio "mit Waffen zu versorgen". Die Sektion würde "dafür Gelder aus Konzerten und CD-Verkäufen" bereitstellen. So steht es in einem als geheim eingestuften Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz, das der taz vorliegt. Und nicht nur das: Die Brandenburger Quelle soll damals auch von geplanten Überfällen berichtet haben - ein Jahr später raubte der NSU zum ersten Mal eine Bank aus.

Observiert seit 1998

Sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz als auch der sächsische Geheimdienst observierte Jan W. von 1998 an, angeblich ohne entscheidende Hinweise auf das Trio zu bekommen.

Hätte man schon damals über die B&H-Szene den NSU ausheben können? Das wird nur eine der vielen Fragen sein, die sich die Untersuchungsausschüsse von Bund und Ländern in den kommenden Monaten stellen werden.

Einen genaueren Blick wird man dabei auch noch mal auf die frühen Anleitungen zum Terror aus dem B&H-Netzwerk werfen. So veröffentlichte 1998 ein Norweger ein "Fieldbook", in dem "Combat 18" als bewaffneter Arm von B&H festgelegt wurde. Genaue Handlungsanleitungen für den Untergrund fanden sich später im "Combat 18"-Handbuch "Der politische Soldat". Dort hieß es: "Keine Zelle sollte in den bewaffneten Kampf einsteigen, wenn sie keinen sicheren Ort hat, wo sie Waffen, Munition und gesammelte Informationen usw. verstauen kann."

Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe fanden einen solchen sicheren Ort: mitten in Sachsen.

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