Familienministerium gegen Extremisten: Erst verstehen, dann vorbeugen

Dem Extremismus-Programm von Familienministerin Schröder fehlt die Wissenschaftlichkeit, doch das will ihr Ministerium nicht einsehen. Die Opposition fordert: abschaffen.

Belesen, aber offenbar nicht zum Linksextremismus: Kristina Schröder. Bild: reuters

BERLIN taz | Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) soll ihr Linksextremismus-Programm aufgeben. Das fordern Politiker aller Oppositionsparteien, nachdem am Montag ein Bericht des Deutschen Jugendinstituts (DJI) bekannt wurde. Das DJI ist für die Evaluation des Programms zuständig und kommt zu dem Schluss, der "Initiative Demokratie stärken" fehle es an wissenschaftlichen Grundlagen.

Die Initiative war 2010 gestartet und von der Opposition immer wieder kritisiert worden. Für die Prävention von Linksextremismus und Islamismus gibt das Familienministerium jährlich 5 Millionen Euro aus.

Das Familienministerium widerspricht den Vorwürfen. Gerade die wissenschaftliche Lückenhaftigkeit sei für das Ministerium einer der Gründe gewesen, das Modellvorhaben anzustoßen. Von negativer Bewertung oder scharfer Kritik des DJI könne nicht die Rede sein.

"Wenn überhaupt", heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums, "ein konkreter Handlungsauftrag aus dem Bericht herauszulesen ist, dann der, dass im Interesse einer Verbreiterung des Programms der Schwerpunkt der Projekte gegen Linksextremismus und Islamismus nicht nur in Berlin liegen soll."

"Der Tod im Topf"

Allerdings heißt es im DJI-Bericht auch: "Aufgrund der mangelnden Erforschung des Gegenstandes und der wenigen verlässlichen Daten über die potenzielle Zielgruppe haben viele Projekte Schwierigkeiten, sich im Themenfeld zu orientieren und adäquate pädagogische Konzepte zu entwickeln."

Kritik üben die Wissenschaftler ebenso an einer Broschüre der Münchner Zeitbild-Stiftung. Darin werde suggeriert, radikale Umverteilungsforderungen seien schon linksextremistisch. Das verdeutliche den Bedarf an der Erforschung des Gegenstands, bevor pädagogische Prävention betrieben werden könne.

"Das Familienministerium betreibt das Programm ohne ein wissenschaftlich fundiertes Konzept. Der Tod im Topf ist so von vornherein garantiert", sagte Sönke Rix (SPD), Sprecher der Arbeitsgruppe "Strategien gegen Rechtsextremismus" der taz. Er hält das Programm nicht für notwendig.

Auch Monika Lazar, Rechtsextremismusexpertin der Grünen, teilt die Kritik aus dem Bericht: "Das so genannte Programm für vermeintliche ’Linksextremisten‘ ist auf ganzer Linie gescheitert", sagt sie. Schröder solle den Bericht zum Anlass nehmen, den verfehlten Programmansatz einzustampfen und das Geld in die Arbeit gegen Rechtsextremismus zu investieren.

"Schröder hat leider die komplette seriöse Wissenschaft nicht zur Kenntnis genommen", sagt Jan Korte von der Linkspartei. Die logische Konsequenz könne nur lauten, das Programm sofort einzustellen.

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