Kommentar Krankenhauskeime auf Bremer Frühchenstation: Die Debatte lenkt ab

Ob beim Keimausbruch auf einer Bremer Frühchenstation die Arbeitsbelastung zu mangelnder Hygiene führte oder nicht: Klar ist, das Gesundheitssystem als solches macht krank und tötet.

Auf der Frühgeborenenstation im größten Bremer Krankenhaus grassiert seit Jahren ein Bakterium, das für Menschen mit einem schwachen Immunsystem gefährlich und gegen Antibiotika resistent ist. Drei Frühgeborene starben nachweislich 2011 nach einer Infektion mit dem Keim ESBL im Klinikum Mitte. Bei drei weiteren wurde er jetzt auf der Haut gefunden – nachdem die Station desinfiziert und Hygienemaßnahmen verschärft wurden.

Warum das nicht gereicht hat, weiß derzeit kein Mensch. Wie schon im vergangenen Jahr wird das Personal untersucht, ob jemand Überträger des Keims ist, zuletzt war das Ergebnis negativ. Sollte sich dieser Befund wiederholen, schwächt das die Position derer, die Personalmangel für den Keimausbruch verantwortlich machen. Die Logik: Wer zu viele PatientInnen zu versorgen hat, hat keine Zeit mehr, sich vorschriftsmäßig die Hände zu desinfizieren.

Dabei gibt es nicht nur in Bremen unzählige Stationen in Kliniken, in denen die Arbeitsbelastung um einiges höher ist als auf der Neonatologie im Klinikum Mitte – die aber nie so viel Aufmerksamkeit erfahren werden. Nicht nur Babies sind resistenten Keimen schutzlos ausgeliefert, auch alte und andere immunschwache Menschen. Mit denen lässt sich aber nicht so gut Politik machen. Wer sich auf eine Station in einem Krankenhaus einschießt, lenkt davon ab, dass das Gesundheitssystem als solches krank macht und tötet.

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Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.

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