Bolzerei in der Regionalliga: Giftige Atmosphäre beim Derby

Vor 3.800 Zuschauern gewinnt der VfB Lübeck gegen Tabellenführer Holstein Kiel 1:0 (0:0). Das Spiel besagt über die Aufstiegsambitionen der Kieler Störche nichts Gutes.

Verfahrenes Derby: Marcel Gebers (r.) und Marc Haider. Bild: imago

LÜBECK taz | Ala Ramazan Yildirim die erste Mannschaft des VfB Lübeck im Dezember des vergangenen Jahres auf dem 16. Tabellenplatz übernahm, roch es an der Lohmühle nach einer ganz schlechten Saison. Trainer Peter Schubert hatte um Auflösung seines Vertrags gebeten, der VfB hatte sich für den 36-jährigen Yildirim entschieden, weil der von 1998 bis 2001 in Lübeck gekickt hatte. „Für mich ist klar“, sagt Yildirim, selbst Profi-Erfahrung mit Rot-Weiss Essen, Kickers Offenbach und Eintracht Braunschweig, „dass der VfB in den Profifußball gehört.“

Inzwischen ist Lübeck ein bisschen in der Tabelle nach oben geklettert. Der Punktabzug für den SV Wilhelmshaven, nun Letzter, hilft.

In die Zeit, als Yildirim beim VfB spielte, fällt eine Partie, von der man im Nachhinein sagen kann, dass sie entscheidend war für die Entwicklung des VfB. In der Saison 1996/97 war der VfB aus der Zweiten Bundesliga abgestiegen. In der Saison 1999/2000, mit Yildirim im defensiven Mittelfeld, mit Markus Kullig und Stürmer Daniel Bärwolf, verlor der VfB im letzten Spiel der Saison den ersten Tabellenplatz, der zu den Aufstiegsspielen gegen den Ersten der Regionalliga Nordost berechtigt hätte, gegen, na, natürlich den Erzrivalen Holstein Kiel. Das nagt. Kiel und Lübeck gönnen sich nichts, mögen sich nicht.

Einen mögen die Kieler weniger als die Lübecker, und umgekehrt, das ist RB Leipzig, die Limonaden-Mannschaft, aufgebrezelt mit dem Geld des österreichischen Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz. Mit dem Ex-Trainer von 1860 München, Peter Pacult, auf der Bank und einem Etat von 4,5 Millionen Euro, der durch die Winter-Verpflichtungen, der österreichische Ex-Nationalspieler Roman Wallner, 30, Stürmer, und Niklas Hoheneder, 25, Abwehr, und der Pole Tomasz Wisio, linker Verteidiger, der innerhalb des Hauses die Abteilung wechselte – von RB Salzburg zu RB Leipzig –, noch höher wurde. Viertligist Leipzig hat mittlerweile den Etat eines Spitzenclubs der Dritten Liga.

Vor diesem Spieltag war Leipzig Zweiter, einen Punkt hinter Holstein Kiel. Das mit dem Profifußball sehen sie bei Kiel wie in Lübeck. Da wollen sie wieder hin. Aber nur der Erste steigt in die Dritte Liga auf.

Das Derby begann verfahren, beide versuchten es mit langen Bällen, Lübeck mit Härte, Danny Cornelius sah, da waren noch keine vier Minuten gespielt, Gelb, und war damit gut bedient. Der Ball kam nicht in die Nähe des Strafraums. Möglicherweise hatte das mit dem bemitleidenswerten Zustand des Rasens zu tun. Eine Chance für den VfB nach einem Freistoß (22.), eine halbe nach einer Ecke (23.). Fast ein Eigentor, VfB-Keeper Jonas Toboll hält (25.).

Das schlechte Spiel wurde zu einer schlimmen Bolzerei. In der 40. Minute ein Geistesblitz, Momo Diabang flankt, Cornelius staubt ab, Kiels Keeper Morten Jensen, in Hannover mal dritter Torwart hinter Robert Enke, reagiert großartig. Diabang, zuletzt Osnabrück, dann ein halbes Jahr ohne Verein, ist – nicht nur in dieser Szene – so was wie ein Sonnenstrahl, der durch einen schwarzen Himmel dringt. Marc Heider vergibt für Kiel eine Großchance (58.),

Dann fällt, wie aus dem Nichts, die VfB-Führung, auf Vorarbeit von Vasileios Vallianos tanzt Deniz Kadah Kiels Torwart aus und pfriemelt den Ball ins Tor (65.). Kiel spielt weiter schwach, der VfB kämpft, ständig liegen Kieler Spieler auf dem Platz und signalisieren, dass ihnen schweres Leid zugefügt wurde. Die Atmosphäre wird, je länger das Spiel dauert, giftiger. Die Kieler werfen Gegenstände auf VfB-Keeper Toboll. Nils Lange foult Marc Heider, Schiri Thorsten Schriever pfeift Elfer, den Rafael Kazior am Tor drüber jagt (84.).

Am Ende wird es dunkel, Kiel holt die Brechstange heraus, aber es bricht nichts mehr.

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