Anetta Kahane über Neonazis: „Öko von Nazis hat keinen Wert“

Menschenrechte sind wichtiger als ein sauberer Bach, erklärt Anetta Kahane, Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung, die gegen Rechtsextremismus kämpft.

Was nützt der saubere Bach, wenn er umgeben ist von Nazis? Bild: particula / photocase.com

tazlab: Frau Kahane, das diesjährige tazlab steht unter dem Motto „Das gute Leben“ – ziemlich ökolastig. Was hat ihre Veranstaltung über Neonazis mit Öko zu tun?

Anetta Kahane: Um es gleich mal krass zu sagen: Wenn Öko von Nazis gemacht wird, hat das für mich keinen Wert. Ich kann mit einem sauberen Bach nichts anfangen, wenn ich mit meinen Freunden, Menschen, die im Visier von Rechten und Rechtsradikalen sind, nicht am selben sitzen kann. Für mich hat eine Ökologie, die sich nicht gleichzeitig um gesellschaftliche Offenheit und Vielfalt bemüht, keinen Wert. Lieber würde ich in einem verdreckten Land wohnen, wo die Leute nett zueinander sind.

Sie wollen uns also weismachen, Neonazis hätten das Ökothema auch für ihre Politik entdeckt ?

Oh ja, dafür gibt es Anhaltspunkte. Grüne und Ökobewegung hatten in frühen Jahren häufiger atmosphärische Schnittmengen, die nach Blut und Boden schmeckten. Davon abgesehen: Es gibt viele neonazistische Leute, die Ökobauern sind – gerade im Osten der Republik.

Jahrgang 1954, geboren in Ostberlin, gründete 1991 die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen (RAA). Heute ist sie Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. Sie kämpft seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Sie diskutiert auf dem tazlab mit dem Kulturwissenschaftler Dierk Borstel über „No-go-Areas für Neonazis“.

Wie sieht denn dort Realität für Migranten aus?

Menschen, überwiegend Migranten, die ihren Dönerladen oder ihren Asia Imbiss aufmachen wollen, werden unter Druck gesetzt. Das ist ein akzeptierter Zustand, der nicht aktiv bekämpft wird. Manchmal reagiert man auf Nazis – aber es gibt keinen politischen Willen, wirklich etwas zu ändern.

So taub scheint uns der Osten doch auch nicht zu sein.

Sehen Sie: In Hoyerswerda und Rostock wurden nach den Anschlägen die Opfer abgezogen und versteckt – und die Leute haben jubiliert, weil sie es faktisch geschafft haben, die ihnen Unliebsamen zu verjagen.

Was hätte denn die Politik tun sollen?

Die Politiker hätten sich ganz einfach hinstellen können und sagen: Wir bleiben mit den Opfern so lange gemeinsam hier, bis ihr euch wieder eingekriegt habt. Und auch diese Botschaft fehlte mir: Jeder, der den Arm zum Hitlergruß hebt, geht in den Knast. Man hat dem Mob nachgegeben, anstatt etwas zu ändern.

Was könnte man denn tun?

Von den Neonazis kommen viele aus dem Handwerkermilieu. Warum also nicht Neonazibetriebe oder solche, die Neonazis beschäftigen, boykottieren? Oder dort nicht nur eine Frauen-, sondern auch eine Migrantenquote einführen. Man muss es einfach wollen – und machen.

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