Streit der Woche: Muss man Springer boykottieren?

Axel Cäsar Springer, der Gründer des Springer-Verlags, würde Anfang Mai 100, die „Bild“ begeht ihr 60-jähriges Jubiläum. Doch nicht alle sind in Feierlaune.

Im Wulff-Skandal hat sich die „Bild“-Zeitung schillernd wie eh und je gezeigt. Bild: dpa

Springer: kein deutsches Verlagshaus sorgt so zuverlässig für heftige Reaktionen. Nicht nur die taz hat sich immer wieder daran abgearbeitet. Neutral formuliert hat kein Medienhaus die deutsche Nachkriegsgeschichte so geprägt wie der Verlag von Bild und Welt. Kommende Woche, am 2. Mai, würde der Gründer des Konzerns, Axel Cäsar Springer, 100 Jahre alt. Die Bild-Zeitung, die Cash-Cow des Verlags, begeht dieses Jahr ihr 60-jähriges Jubiläum.

Mehr als 30 Jahre ist es her, dass sich Günter Wallraff in eine Regionalredaktion des Boulevardblatts einschleuste und anschließend in einem Buch ihre fragwürdigen journalistischen Methoden anprangerte. Und auch heute verstehen viele unter Bild-Journalismus einen, der im Zweifel über Leichen geht und gern Ressentiments schürt.

Kein Wunder, dass kaum ein anderes Medium so häufig vom Presserat gerügt wurde wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Agitiert wird auch gerne gegen Minderheiten und ganze Volksgruppen. Ein Bild-Reporter war es, der in Athen öffentlich Drachmen zurückgab. Faule Sozialschmarotzer und faule Griechen. Oder in Bild-Sprache: Florida-Rolf und Pleite-Griechen.

Soll, muss man eine solche Zeitung und den Verlag, der dahinter steht, nicht boykottieren?

Noch heute machen viele die Berichterstattung der Bild-Zeitung über die 68er Proteste verantwortlich für den Hass, der zum Attentat auf Rudi Dutschke führte. Und unter Intellektuellen hat sie nach wie vor ein Schmuddelimage.

Andererseits gilt es heute in den meisten Redaktionen als unprofessionell, die Bild-Zeitung nicht zu verfolgen. Man schätzt sie für wuchtige Schlagzeilen: „Wir sind Papst“. Die Bild macht Meinungen und setzt Themen, siehe Christian Wulff.

Die größte Klappe

Aber im Springer-Verlag erscheint ja nicht nur die Bild, sondern auch Abo-Zeitungen wie die Welt oder das Hamburger Abendblatt. Und ist nicht Kampagnen-Journalismus in weniger dumpfer Ausgestaltung mittlerweile genauso im Spiegel zu finden?

Springer ist mächtig, der größte Medienkonzern Deutschlands jedoch ist Bertelsmann. Salopp formuliert: Bertelsmann hat die Marktmacht, Springer die größte Klappe. Ganz in diesem Sinne hat der Verlag angekündigt, die Bild-Zeitung am 23. Juni an alle deutschen Haushalte auszuliefern. Unverschämt finden das die Begründer der Kampagne „Keine Bild in meinen Briefkasten“ und fordern die Bevölkerung auf, sich zu wehren. Boykott der Bild-Zeitung, aber reicht das? Die 68er forderten: Enteignet Springer!

Was meinen Sie: Muss man Springer boykottieren?

Beziehen Sie Stellung! Die taz wählt unter den interessantesten Kommentaren ein oder zwei aus und veröffentlicht sie im Wochenendmagazin sonntaz. Der Kommentar sollte etwa 1.000 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns eine Mail an: streit@taz.de. Den ganzen Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 27./ 28. April.

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