Liegenschaftspolitik: Die Frage nach dem Eigentum

Im Senat tobt ein Machtkampf: Nach welchen Kriterien sollen landeseigene Grundstücke vergeben werden? Nun macht die Zivilgesellschaft Druck

Wem gehört Berlin? Bild: DPA

Es war eine unverblümte Kampfansage: Noch bevor es im Senat eine Einigung über den künftigen Umgang mit landeseigenen Immobilien gab, schaffte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) Fakten. Zwanzig Grundstücke für Mietwohnungsbau stellt sein Liegenschaftsfonds zum Verkauf – den Zuschlag bekommt, wer am meisten bietet. „Der Liegenschaftsfonds erfüllt seinen Auftrag, Grundstücke des Landes zu verkaufen“, verteidigte Nußbaums Sprecherin die Praxis dieses „bedingungslosen Bieterverfahrens“.

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) sieht das anders. Er pocht auf den Koalitionsvertrag mit der CDU. Darin steht: „Zur Förderung des Neubaus von Wohnungen wird der Senat auch das Instrument der kostenlosen oder ermäßigten Grundstücksvergabe nutzen.“

Nur so, meint Müller, könne das Land steigenden Mieten etwas entgegen setzen. Immerhin einen Teilerfolg konnte er nun vermelden. Auf 14 Grundstücken des Liegenschaftsfonds dürfen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften künftig bauen und zeigen, dass sie auch billig können. Die Grundstücke gibt es umsonst.

Wem gehört die Stadt? Diese Frage ist, obschon tausendmal gestellt, aktueller denn je. Außer den 270.000 Wohnungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hat Berlin sein Tafelsilber jedoch verkauft. Nun geht es um die wenigen Flächen, die geblieben oder neu dazu gekommen sind: In Tempelhof. Am Spreeufer. Am ehemaligen Blumengroßmarkt. Ginge es nach Nußbaum, würde der Ausverkauf weiter gehen. Der Stadtentwicklungssenator dagegen will 30.000 Wohnungen in Landeseigentum neu bauen. Auf 14 Grundstücken wird das nicht klappen.

In Berlin wird die Eigentumsfrage wieder gestellt – wenn auch etwas versteckt hinter dem Wortungetüm „Liegenschaftspolitik“. Inzwischen ist der Konflikt eskaliert. Mehr als 14 Grundstücke will Nußbaum nicht herausrücken. Solange es keine Kriterien gebe, nach denen landeseigene Grundstücke an Wohnungsbaugesellschaften oder Kulturprojekte vergeben werden, werde die bisher praktizierte „Direktvergabe“ gestoppt, ließ der Finanzsenator wissen.

Nur: Die Kriterien muss zunächst Nußbaums Finanzverwaltung formulieren. Im Haushaltsausschuss am 25. April lag ein solcher Kriterienkatalog noch nicht vor. „Nußbaum torpediert eine soziale Liegenschaftspolitik“, heißt es aus der SPD-Fraktion, die den Senator bereits gerügt hat.

Auf Seiten der Zivilgesellschaft mischen sich die Bürger ein. „Stadt Neudenken“ heißt eine Initiative, die für eine „konsequente Neuausrichtung der Berliner Liegenschafts- und Bodenpolitik“ streitet. Leonie Baumann, Rektorin der Kunsthochschule Weißensee und Mitbegründerin der Initiative, fordert deshalb ein Verkaufsmoratorium: „Nur durch eine gestaltende Liegenschaftspolitik, die von dem alleinigen Ziel der Privatisierung der Stadt Abstand nimmt, kann Berlin seine sozial und kulturell vielfältige Stadtstruktur erhalten.“

Als Alternative zur Privatisierung schlägt die Initiative, zu der inzwischen 500 Personen und Organisationen gehören, die Vergabe landeseigener Grundstücke in Erbpacht vor. Wie der Name sagt, würde das Land die Grundstücke nicht verkaufen, sondern nur verpachten. Eine soziale und kulturelle Nutzung, die beim Verkauf nur für zehn oder 15 Jahre festgeschrieben werden könnte, kann in diesem Fall Gegenstand des Erbpachtvertrags sein.

Auch deshalb gibt es in der Stadtentwicklungsverwaltung viel Sympathie für dieses Modell. Dabei kann die Politik auf die Erfahrungen von Projekten der vergangenen Jahre zurückgreifen. „Uns gehört die Stadt“ ist die mit Leben gefüllte Parole all derer, die die Eigentumsfrage erfolgreich gestellt – und beantwortet haben. Diese Beispiele können Schule machen.

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