Paradoxe Unternehmenspolitik der Allianz: Eine „lupenreine“ Versicherung

Die Allianz gilt als Warner vor dem Klimawandel. Jetzt bemängeln Kritiker Spekulationen mit Nahrungsmitteln und massive Investitionen in Kohlekraft.

Den Globus im Rücken: Allianz-Chef Michael Diekmann. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Allianz hat ihren Aktionären auf der Hauptversammlung am Mittwoch in München gute Nachrichten überbracht: Der Gewinn im ersten Quartal kletterte auf 1,4 Milliarden Euro, 60 Prozent mehr als im gleichen Quartal des Vorjahres. Doch zugleich wächst die Kritik daran, wie die Versicherung ihre Gewinne macht. Die entwicklungspolitischen Organisationen Oxfam und Urgewald werfen ihr vor, mit ihren Geschäften Hunger und Klimawandel zu begünstigen.

Die Allianz spekuliere mehr noch als andere deutsche Finanzkonzerne mit Nahrungsmitteln, schreibt Oxfam Deutschland in der gestern veröffentlichten Studie „Mit Essen spielt man nicht!“. Der Studie zufolge liege ein Sechstel aller Geldanlagen in Agrarrohstoffen in den Händen deutscher Finanzinstitute.

Den größten Batzen hält demnach die Allianz: 6,24 Milliarden Euro habe sie direkt und indirekt in Nahrungsmittel investiert. Die Deutsche Bank folge mit 4,57 Milliarden Euro erst auf Platz zwei. Entwicklungspolitische Organisationen haben in letzter Zeit immer wieder gegen diese Geschäfte protestiert, weil dadurch die Lebensmittelpreise hochgetrieben und die Hungerkrisen in vielen Ländern verschärft würden.

„In Armut lebende Menschen etwa in Kambodscha, Äthiopien oder Somalia können höhere Preise nicht abfangen. Dann müssen erst die Frauen auf Mahlzeiten verzichten, und schließlich hungert die gesamte Familie“, sagte Oxfam-Experte Frank Braßel.

Massive Investitionen

Erste europäische Geldinstitute haben Konsequenzen gezogen. So kündigte unlängst die DeKaBank an, Anlagen in Agrarrohstoffen aus ihrem Investment-fondsportfolio herauszunehmen. Die Deutsche Bank versprach, zumindest zeitweilig etwas Zurückhaltung zu üben. Allianz-Chef Michael Diekmann wies die Oxfam-Vorwürfe jedoch weit von sich.

„Die Reputation der Allianz ist lupenrein“, sagte er. Das Unternehmen werde sich noch einmal sehr ernsthaft mit der Frage befassen. Einen anderen Vorwurf erhebt Urgewald: Zwar warnt Allianz seit Jahren vor dem Klimawandel, weil sie die Schäden durch Naturkatastrophen versichert, allerdings investiere sie massiv in Kohlekraftwerke.

Börsengang in China

So zum Beispiel in China: „Die größte Kohlefirma, in die die Allianz in China investiert hat, baute vorletztes Jahr 350 Millionen Tonnen Kohle ab. Wenn diese verbrannt werden, führen sie zu CO2-Emissionen, die die gesamten deutschen Emissionen bei weitem überschreiten“, erklärte Calvin Quek von Greenpeace East Asia, der eigens zur gestrigen Hauptversammlung nach München reiste.

Dort stand zudem der geplante Börsengang der Allianz in China auf der Tagesordnung. Dadurch hofft der Vorstand, Geld für die Expansion in Ostasien einzutreiben. Der chinesische Versicherungsmarkt soll sich in den nächsten drei Jahren auf ein Volumen von mehr als 300 Milliarden Euro verdoppeln und wäre damit der zweitgrößte nach dem US-Markt.

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