Kommentar Wahlen in Frankreich: Durchbruch links und rechts

Frankreich hat Sarkozy endgültig abgewählt. Strahlender Sieger ist Francois Hollande – und die Rechtsextremen, mit teilweise mehr als 30 Prozent.

Die französischen Wähler haben bereits entschieden, wie der „Kuchen“ der Nationalversammlung verteilt wird. Die parlamentarische Linke kriegt mit einem Stimmenanteil von rund 47 Prozent den Löwenanteil. Das Ausmaß der parlamentarischen Mehrheit hängt jetzt von der Mobilisierung der Wähler am kommenden Sonntag ab. Die konservative UMP mit ihren Alliierten hat die Mehrheit zwar verloren, kann aber mit 35 Prozent durchaus ihr Gesicht wahren.

Der Front National liegt mit „bloß“ 13,5 Prozent auf dem dritten Platz. Nur scheinbar abgeschlagen sind die Rechtsextremisten mehr denn je am Drücker. Nicht nur mit den bekanntesten Exponenten in wenigen „Hochburgen“, sondern auch mit völlig unbekannten Kandidaten in ländlichen Wahlkreisen sammelte der FN oft mehr als 30 Prozent der Stimmen ein.

Die braunen Kleckse auf der politischen Landkarte breiten sich also aus. Das sind nicht nur allergische Reaktionen enttäuschter Bürger oder Ausdruck einer vorübergehenden Politikverdrossenheit. Frankreichs fremdenfeindlicher und rassistischer Rechtspopulismus ist ein ernstes Problem. Das kann jetzt niemand mehr wegdiskutieren.

Entsprechend groß ist der Jubel bei den Rechtsextremen. Marine Le Pen sitzt noch nicht im Parlament, doch sie gilt als Favoritin in der Stichwahl um den Abgeordnetensitz in Hénin-Beaumont. Sie sieht sich bereits in der Nationalversammlung, wo sie der bürgerlichen Rechten die Rolle der Opposition streitig zu machen gedenkt. Für Le Pen wäre das definitiv der Durchbruch, von dem ihr Vater, Jean-Marie Le Pen immer nur geträumt hatte. Die ganzen Bemühungen der Linken, den FN als Relikt der koloniale und faschistischen Vergangenheit am Rande der Politik zu isolieren, wären damit gescheitert.

Und die radikale Linke? Jean-Luc Mélenchon von der Linksfront konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Der Vorsitzende der Linksfront hat eine doppelte Niederlage erlitten: gegen die FN-Chefin, aber auch gegen die Sozialisten. Diese hatte er für unfähig erklärt, den FN zu stoppen. Jetzt ist er selber von Wählern ausgebremst worden und muss seinen sozialistischen Rivalen gegen Le Pen unterstützen. Das Projekt der Linksfront, der Allianz der Kommunisten mit Mélenchons Linkspartei hat einen ersten und schweren Rückschlag erlitten.

Wie immer klagen vor allem die Verlierer über die Stimmenthaltung. Nun lag die Beteiligung mit fast 58 Prozent nur knapp hinter jener von 2007 zurück. Das ist für Frankreich zwar wenig, reicht aber durchaus, um dem Ergebnis und damit der Regierungsmehrheit die nötige Legitimität zu geben. François Hollande will ein ganz „normaler“ Präsident sein. Er bekommt vom Volk eine „normale“ linke Mehrheit. Nichts mehr und nichts weniger. Mehr braucht er theoretisch nicht, um sein Programm in die Tat umzusetzen.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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