Die Wahrheit: Invasion der Maori-Mücken

Neues aus Neuseeland: Dass vom Erzfeind am anderen Ufer der Tasmanischen See, also Australien, nur Schlechtes kommt, ist für einen Kiwi so selbstverständlich ...

Dass vom Erzfeind am anderen Ufer der Tasmanischen See, also Australien, nur Schlechtes kommt, ist für einen Kiwi so selbstverständlich, wie dass die Sonne mittags hoch im Norden steht. Ein Naturgesetz quasi. Und die Natur ist es, die wir hier im schönen Aotearoa besonders schätzen und schützen, auch wenn nicht alles so rein und „100 % pur“ ist, wie es die Tourismuswerbung vorbetet.

Aber an unseren knackigen Äpfeln zum Beispiel hängt nicht nur unser Herz, sondern auch die Wirtschaft: Wir exportieren pro Jahr Obst und Gemüse im Wert von über einer Milliarde Euro. Daher ist mit uns nicht zu spaßen, wenn das finstere Reich der Kängurus (kurz: Oz), in dem es ja von giftigen Viechern nur so wimmelt und auch die Eingeborenen nicht viel zu lachen haben, uns eine Agrarpest beschert. Die letzte Attacke der Australier hat das halbe Land in Alarmbereitschaft versetzt: In Auckland wurde eine Fruchtfliege aus Queensland geortet.

Was dann auf dem Markt von Avondale passierte, stellte den spektakulären FBI-Helikoptereinsatz bei der Verhaftung des Megaupload-Millionärs Kim Dotcom in den Schatten. 30 Beamte patrouillierten zwischen Gemüsekisten. 388 Fliegenfallen wurden rund um die Stelle platziert, wo die eingeschleuste Fruchtfliege ihre Invasion gestartet hatte. 200 Biomülltonnen wurden aufgestellt, um gezielt verdächtige Obstabfälle abzufangen. Überreifes wurde auf Larven getestet.

Erst nach zwei Wochen wurde Entwarnung gegeben. Niemand musste diesmal evakuiert werden, so wie vor acht Jahren, als wegen der gemeingefährlichen Apfelmotte ganze Landstriche aus der Luft mit Pestiziden besprüht wurden. Nein, wir können uns wieder ganz sicher in unserem hart verteidigten Ökosystem fühlen, uns bequem im Fernsehsessel zurücklehnen und uns genüsslich angucken, wie wir es den verdammten Ozzies heimgezahlt haben.

„The GC“ heißt die Rache der Kiwis. Das ist eine neue Reality-Soap und spielt an der „GC“, also der Gold Coast – jener berüchtigten Ferienküste voller Vergnügungsparks und schlechter Bars, gegen die der Ballermann wie Worpswede wirkt. Die seltene Spezies aus Neuseeland, die die Australier dort ertragen müssen, sind junge Maori. 130.000 von ihnen suchen südlich von Brisbane das schnelle Glück. Die Kamera begleitet Tame, Nate, Rosie und wie sie nicht alle heißen – „Möchtegern-Model“, „angehender Rapper“, „Investor“, „besorgte Mitbewohnerin“ – bei ihren Streifzügen durchs Nachtleben, ins Tattoo-Studio, beim Fotoshooting und zum Friseur. Hanteln und Haarverlängerungen spielen tragende Rollen. Es wird viel gezofft, Sonnencreme aufgetragen und zerbrochenes Glas weggekehrt, immerhin.

Alle Protagonisten werden mit ihrer Herkunft vorgestellt, die meisten „Bros“ sind vom Stamme „Ngati Porou“. Daheim nennt man sie aber lieber „Ngati Skippy“, so wie das Buschkänguru, weil sie „nach drüben“ gehüpft sind. An der Gold Coast haben die Kiwi-Prolls auch einen Namen: Mozzies, weil „Maori-Ozzies“. Mozzie bedeutet Mücke. Die Invasion ist gelungen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.