Giftmüll-Entsorgung in Hemelingen: Nicht unbedenklich. Reicht doch.

In Hemelingen soll ein Zwischenlager für allerlei Müll entstehen. Die AnwohnerInnen protestieren seit Langem - und hoffen auf das Baurecht..

Hemelingen sei nicht Bremens Asse, protestieren die AnwohnerInnen. Bild: dpa

Lang ist die Liste mit gefährlichen Abfällen, die man bei der Firma „Pro Entsorga“ aus Hambergen loswerden kann – Farben und Lacke, Ölhaltiges, Lösemittel, Säuren und Laugen. Einen Teil davon will sie künftig in Hemelingen lagern, an der Bahn. Keine 100 Meter von hier wohnen die Menschen, auch bis zur nächsten Grundschule, der Kita ist es nicht weit.

„Hemelingen ist nicht Bremens Asse“, steht auf den Protestschildern der AnwohnerInnen. Über 2.000 Unterschriften gegen die Firmenansiedlung in der Funkschneise haben sie gesammelt, dazu in der Bremischen Bürgerschaft eine öffentliche Petition eingereicht. Die läuft noch bis Ende dieser Woche – bislang haben sie über 700 Menschen unterzeichnet. „Bürger vor Giftmüll schützen“ ist ihr Titel, mit gleich fünf Ausrufezeichen. Seit Monaten kämpfen die Hemelinger schon gegen das Projekt, auch die Sozialdemokraten vor Ort sind dagegen, allen voran Jens Dennhardt, der in der letzten Legislaturperiode noch umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag war. Die wiederum hat das Thema erst gestern so richtig erreicht, als die SPD-ParlamentarierInnen eine interne Anhörung zu diesem Thema veranstalteten.

Bei den Stichworten „Zwischenlager“ und „Abfall“ leuchte natürlich „sofort eine rote Laterne“, sagt Mohammed Zakaria, der Chef von „Pro Entsorga“. Doch, die Ängste der AnwohnerInnen könne er schon nachvollziehen, sagt der Chemiker, der schon lange in der Abfallwirtschaft arbeitet. Und dass sie völlig unbegründet seien. Das, was seine Firma da auf 2.000 Quadratmetern lagern wolle, sei „nicht gefährlich“, sagt Zakaria. Nach der Debatte im Stadtteil habe er zudem die Liste möglicher Gefahrstoffe, die auf dem Gelände lagern könnten, „stark reduziert“. Was jetzt noch übrig geblieben ist, sei, ja, „völlig harmlos“. Wasserstoffperoxid, das explosiv sei, aber bei jedem Frisör an der Ecke als Bleichmittel diene, sei viel gefährlicher als das, was seine Firma in Hemelingen lagern wolle.

Ob das so ist? „Wir können das nicht beurteilen“, sagt Ullrich Höft, der Ortsamtsleiter in Hemelingen. Trotzdem hat der Beirat das Projekt „ganz klar abgelehnt“. Zumal der Stadtteil schon heute „sehr stark“ durch anderer Leute Lärm- und Gewerbeemissionen belastet sei, wie es in der Petition heißt, und einer Ansiedlung von „Pro Entsorga“ aus Hemelinger Sicht auch sonst keine „positiven Aspekte“ abzugewinnen seien: Es sollen nur zwei neue Arbeitsplätze entstehen.

Dagegen sei eine „akute Gefährdung“ für die Bevölkerung zu befürchten, wenn es in dem Zwischenlager zu einem Unfall oder Brand komme, schreiben die KritikerInnen. Auch eine Gewässerverunreinigung sei in so einem Fall zu befürchten, zumal das Gelände, auf dem jetzt die Entsorgungsfirma Hirsch sitzt und Kunststoffe lagert, „ohnehin durch mögliche Altlasten“ beeinträchtigt sei. Zakaria verweist auf Überwachungssysteme, Kontrollen, Rauchmelder. Die Menschen in Hemelingen beruhigt das nicht. „Die SPD im Stadtteil wird nicht nachlassen, das Vorhaben zu bekämpfen, bis es vom Tisch ist“, sagt Dennhardt. Ein Vorhaben wie das der „Pro Entsorga“ findet er „nicht zeitgemäß“.

Bislang ist es noch nicht mal genehmigt. Eine Entscheidung der Bau- und Umweltbehörde steht noch aus, sagt Ressortsprecherin Brigitte Köhnlein. Doch die Bundes-Immissionsschutzverordnung liefere einen „starren Rahmen“. Wenn ihre Auflagen erfüllt seien, bestehe ein Anspruch auf Genehmigung, sagt Köhnlein. „Der Spielraum ist da nicht sehr groß.“ Genehmigt werden kann sogar ohne öffentliche Beteilung.

Die PetentInnen und auch der Ortsamtsleiter setzen denn auch eher auf das Baurecht. Der Bebauungsplan ist veraltet, sagt Höft, und ein neuer würde eine Nutzung wie die der Pro Entsorga „ausschließen“. Er erwarte deshalb, dass der Bebauungsplan nun „angepasst“ werde. Doch so einfach ist das nicht, eine bloße Verhinderungsplanung könnte am Ende unzulässig sein. Bis heute habe er vom Bauressort jedoch noch keine Antwort auf seine Eingabe bekommen, sagt Höft. Die Bau-Deputation des Landtags diskutiere nun über eine neue Bauleitplanung, so das Ressort am Montag.

Die öffentliche Petition findet sich unter https://petition.bremische-buergerschaft.de .

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