Kommentar Einigung beim Fiskalpakt: Am Kern der Krise vorbei

Gegen die Dramatik der Krise wäre ein Mechanismus der gegenseitigen Haftung für europäische Schulden nötig. Doch in diesem Punkt sind SPD und Grüne feige.

Halbherzig wie die Gaderobe ist das, was Grüne (hier Trittin und Özdemir) und SPD bei den Verhandlungen rausgeholt haben. Bild: dapd

Die Opposition gibt sich mächtig stolz. Ein paar Milliarden mehr für Wachstumsprogramme in Europa und ein nun klareres Bekenntnis zur Finanztransaktionsteuer – das haben SPD und Grüne für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt rausgeholt. Das sind zwar richtige Schritte.

Aber im Vergleich zum Verhandlungsstand von vor zwei Wochen hat sich kaum etwas verändert. Das ist vor allem deswegen so ernüchternd, weil die Dramatik der Krise in dieser Zeit immer deutlicher geworden ist – und zwar trotz des eurofreundlichen Wahlergebnisses in Griechenland.

Die Zinsen in Spanien steigen auf ein Rekordniveau, das alle Konsolidierungsbemühungen zunichtemacht. Die Wirtschaft im Euroraum bricht ein, die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa erreicht dramatische Ausmaße. Dagegen helfen keine Wachstumsimpulse, die um ein Vielfaches geringer sind als die vorherigen Kürzungen. Und dagegen hilft kurzfristig auch keine Finanztransaktionsteuer, mag sie aus anderen Gründen auch noch so wünschenswert sein.

Nötig ist stattdessen neben einer Steigerung der staatlichen Einnahmen ein Mechanismus der gegenseitigen Haftung für europäische Schulden, der die Wucherzinsen für Staatsanleihen beenden und gleiche Bedingungen für alle Staaten herstellen würde. Während Europa sich in dieser Frage weitgehend einig ist, stellt die Bundesregierung sich aus nationalem Eigennutz und Angst vor den Wählern quer.

Und SPD und Grüne verzichten – ebenfalls mit Blick auf die öffentliche Meinung – in diesem Punkt auf den Konflikt. Diese Feigheit ist als solches schon bedauerlich. Dass Rot-Grün nun aber sogar noch vor dem nächsten EU-Gipfel zugestimmt hat und damit den anderen Europäern in den Rücken fällt, ist schlicht unbegreiflich.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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