Berlin ist ganz schön groß: Folgen eines rasanten Wachstums

Die Bevölkerung in der Hauptstadt wächst schneller als prognostiziert. 2011 wurde die Marke von 3,5 Millionen Einwohnern gerissen. Welche Folgen hat das?

Die Stadt wird so richtig voll! Bild: dpa

Die symbolische Ziffer hinter‘m Komma kam unerwartet. Ende vergangener Woche gab das Amt für Statistik Berlin Brandenburg bekannt, dass die Hauptstadt die 3,5-Millionen-Marke gerissen hat. Zum Stichtag 31. Dezember 2011 lebten 3,501 Millionen Menschen in Berlin. Das sind 41.000 mehr als noch im Jahr zuvor. Ein solches Wachstum von 1,2 Prozent im Jahr hatte es seit der Wiedervereinigung 1990 nicht gegeben.

Auch in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die für Prognosen aller Art zuständig ist, wurde die Zahl mit Interesse aufgenommen. Schließlich stammt die letzte Bevölkerungsprognose von 2007. Im Basisszenario der Prognose, die laut Senatsbeschluss sämtlichen Planungen zugrundegelegt wurde, hieß es noch, die Bevölkerung Berlins würde im Jahre 2030 3,476 Millionen betragen, also 25.000 weniger als heute. Für 2015 wurden 3,467 Millionen vorhergesagt.

Noch pessimistischer war die Prognose aus dem Jahre 2002. Damals wurden für Berlin im Jahre 2020 3,366 Millionen Menschen prognostiziert. Die Realität hat damit jede Zukunftsberechnung Lügen gestraft.

„Natürlich haben wir das im Blick“, versichert Daniela Augenstein, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). „Die Bevölkerungsprognose wird ständig fortgeschrieben.“ Dennoch wird der Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen, in dem die Verteilung künftiger Neubauflächen über die Stadt geregelt wird, erst 2013 verabschiedet. Denn auch das bringt das Bevölkerungswachstum mit sich: Während Bezirke wie Pankow boomen, zählt Reinickendorf zu den Verlierern.

Ursachen für den Zuwachs sind Zuwanderung und Geburtenüberschuss. Der größte Teil der Neuberliner kam 2011 aus dem EU-Ausland. Vor allem Polen, Bulgaren und Spanier zog es nach Berlin. Aber auch beim Saldo mit den neuen und den alten Bundesländern kann Berlin ein Plus aufweisen. Die Attraktivität der Stadt ist nach wie vor ungebrochen. 158.800 Personen kamen 2011 nach Berlin, weggezogen sind nur 119.400.

Bislang wurden die Wanderungsgewinne in Berlin allerdings durch eine negative „natürliche Bevölkerungsentwicklung“ relativiert. 2011 aber gab es statt eines Sterbeüberschusses einen Geburtenüberschuss. 33.100 Babys wurden geboren, 31.400 Menschen starben.

Dass Berlin nun entgegen aller Erwartungen die symbolische 3,5-Millionen-Marke erreicht hat, bedeutet nicht nur, dass noch nie so viele Menschen in der Stadt gelebt haben wie seit dem Ende des Krieges. Es hat auch handfeste Auswirkungen auf die Stadtplanung (siehe Beispiele). Mit ganz anderen Auswirkungen hat Berlin aber bis heute zu kämpfen. Weil kurz nach dem Fall der Mauer eine regelrechte Bevölkerungsexplosion auf bis zu fünf Millionen Einwohner prognostiziert wurde, wurden Retortenstädte wie Karow Nord aus dem Boden gestampft. Da will heute aber kaum einer wohnen. Die Neuberliner zieht es meistens in die Innenstadtbezirke. Und je mehr die Nachfrage dem Wohnungsangebot davonzieht, desto schneller steigen die Mieten. Immerhin leben in Berlin inzwischen rund zweimal so viel Menschen wie in Hamburg.

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