Fadenwürmer in der Forschung: Auf Exkursion im Weltall

Fadenwürmer sind beliebte Forschungsobjekte in der Wissenschaft. Besonders die Möglichkeit, die Lebensdauer dieser Modelltiere zu manipulieren, ist für Forscher interessant.

Nicht dieses Exemplar war im All, aber einige seiner Brüder und Schwestern. Bild: ap

Etwa 150 Exemplare vom Stamme der Fadenwürmer zeigten kürzlich während eines Raumflugs bestimmte Veränderungen an ihren Genen, wie sie Artgenossen auch schon früher in irdischen Laboren an den Tag gelegt hatten. Die früheren Versuchswürmer hatten dabei eine nie da gewesene Lebensdauer erzielt. Wissenschaftler spekulieren nun, ob sich irdische Vielzeller durch Aufenthalte im All länger jung erhalten?

Last not least vielleicht auch wir Menschen selbst? Die Frage ist umso brisanter, als auch das Überleben der Menschheit insgesamt eines Tages von unserer Emigration auf einen anderen Planeten abhängen könnte.

Veröffentlicht wurde die Studie von Wissenschaftlern verschiedener japanischer Institute und Nathaniel Szewczyk von der Universität Nottingham in der britischen Onlinezeitschrift Scientific Reports.

Die in Blickfeld stehenden Würmer gehörten zur Art Caenorhabditis elegans. Im Vergleich zu einer auf Erden unter möglichst ähnlichen Bedingungen gehaltenen Kontrollgruppe entwickelten sie in ihrer Muskulatur wesentlich weniger Aggregationen aus Polyglutaminproteinen, Zusammenballungen, wie sie sonst den Alterungsprozess begleiten.

Außerdem waren bei den Würmern im All infolge der veränderten Gravitation und Strahlung fünf Gene vergleichsweise stärker deaktiviert. Sie steuern die Verarbeitung von Nervensignalen, den Stoffwechsel und den Insulinhaushalt.

Der etwa einen Millimeter lange, durchsichtige Fadenwurm lebt normalerweise im Boden. 1998 war er der erste Vielzeller, dessen Genom man vollständig bestimmen konnte. Für Biologen ist er ein beliebter und leicht zu handhabender Modellorganismus: Er lässt sich einfach auf flachen Platten halten und mit Bakterien füttern. Unter natürlichen Bedingungen erreichen die erwachsenen Exemplare ein Alter von zwei bis drei Wochen. Ob die entdeckten Veränderungen diesmal bei den betroffenen Würmern zu einer Verlängerung ihres Lebens geführt hätten, ist nicht zu beweisen. Es wurde im Alter von 16 Tagen durch Schockgefrierung abrupt beendet.

Zu einem um ein Vielfaches verlängerten Leben – beim Menschen hätte es dem Alter von 500 Jahren entsprochen – verhalfen allerdings im Jahr 2003 Wissenschaftler von der University of California einigen Individuen derselben Wurmart. Dabei wurde deren Reproduktionsapparat entfernt und wiederum die Steuerung des Insulinstoffwechsels manipuliert.

Nicht zu toppende Raumfahrttauglichkeit bewiesen diese Fadenwürmer ebenfalls im Jahr 2003. Das Verglühen des Spaceshuttles Columbia, bei dessen Wiedereintritt in die Atmosphäre auch die KosmonautInnen umkamen, überlebten sie als einzige an Bord befindliche Lebewesen – diesmal offenbar mit Reproduktionsapparat. Erst Wochen nach dem Unglück fand man in Texas eine Kapsel mit ihren munteren Urenkeln.

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