US-amerikanischer Klimaforscher: „Ich erhielt Morddrohungen“

Michael E. Mann wollte nur das Klima der Erde erforschen. Und wurde – als einer der Bekanntesten seines Faches – in den USA zur Hassfigur der Konservativen.

New Orleans nach „Katrina“. „Noch so eine Hurrikansaison wie 2005, und die Öffentlichkeit zählt eins und eins zusammen“, sagt Michael E. Mann. Bild: ap

Michael E. Mann sagt von sich, er befinde sich im Krieg. Ungewöhnlich für einen Klimawissenschaftler, der auf Fachtagungen Vorträge hält, in denen es um die Konzentration verschiedener Kohlenstoffisotope in Eisbohrkernen oder Korallenriffen geht – und um die korrekte Methode, diese statistisch zu analysieren.

Anhand solcher Daten rekonstruiert Mann, wie warm es in den vergangenen Jahrtausenden auf der Erde war. Dass der Mensch mit seinen Emissionen den Planeten aufheizt, war schon 1999 sein Ergebnis. Dann formierte sich in den USA eine Bewegung gegen die Klimawissenschaft.

Finanziert von der Öl- und Gasindustrie, unterstützt von Sendern wie Fox News, im Kongress vertreten von skrupellosen republikanischen Politikern. „Die bezahlen ein großes Reich, das die Wissenschaft über den Klimawandel diskreditiert. Wir haben in den USA eine komplette Nachrichtenwelt, die den Menschen eine alternative Realität über den Klimawandel anbietet, die mit Fakten nichts zu tun hat.“, sagt Mann im sonntaz-Gespräch.

Er hat über seinen Kampf um die öffentliche Meinung ein Buch geschrieben, dessen deutsche Übersetzung lautet: „Der Hockeystick und die Klimakriege – Notizen von der Front“.

Kronzeuge der Klimaentwicklung

Der Hockeystick, das ist der Spitzname der von ihm erstellten globalen Temperaturkurve der letzten 1000 Jahre. Sie sieht aus wie ein liegender Hockeyschläger, die Schlagfläche bilden die stark steigenden Temperaturen seit Ende des 19. Jahrhunderts.

2001 avancierte der Hockeyschläger zum Kronzeugen für die Klimaerwärmung. Er fand sich in der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger im dritten Sachstandbericht des Weltklimarates IPCC wieder – und bildete damit die Grundlage der heutigen, globalen Klimapolitik.

US-Präsident Bill Clinton rief bereits 2001 wörtlich zu den Waffen im Kampf gegen den Klimawandel – mit Manns Grafik im Hintergrund. Und eine „perfekt geölte Maschine“ schlug zurück, wie Mann sie nennt.

Konservative Medien riefen Klimawissenschaftler zum kollektiven Selbstmord auf. Mann erhielt Mord- und Gewaltdrohungen gegen seine Familie. „Einmal musste ich das FBI rufen, weil ich einen Briefumschlag mit weißem Pulver bekommen habe, das aussah wie Milzbranderreger", erzählt er.

„Wir haben uns zurückentwickelt“

„Die Attacken auf uns sind so heftig geworden und die Debatte um den Klimawandel so polarisiert, das die jetzt wirklich alles sagen und tun können“, sagt Mann. Die Strategie hatte Erfolg. „Wir haben uns zurückentwickelt“, bilanziert er heute.

Im sonntaz-Gespräch erklärt der Klimatologe außerdem, wie Barack Obama mit seiner Umweltpolitik scheiterte, warum Arnold Schwarzenegger einer der letzten vernünftigen Republikaner ist und warum er zur Not auch Atomkraft für eine Option hält.

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